Sieben Jahre nach dem Tod von fünf Menschen durch Milzbranderreger in den USA sind die Anschläge für die Behörden aufgeklärt. Der bereits unter Verdacht stehende Wissenschaftler Bruce Ivins sei auf Grundlage aller Beweise der "einzig Verantwortliche", sagte Staatsanwalt Jeffrey Taylor in Washington. Damit sei einer der "größten und komplexesten" Kriminalfälle in der Geschichte des Landes geklärt, teilte die Bundespolizei FBI mit. Der 62-jährige Ivins, der jahrelang als Biowaffen-Experte im Dienste der US-Regierung stand, hatte in der vergangenen Woche Selbstmord begangen.
"Eine akribische Untersuchung hat uns zu dem Schluss geführt, dass Dr. Bruce Ivins für den Tod, das Leiden und die Angst verantwortlich war, die durch die Versendung der Anthrax-Briefe 2001 über unser Land kam", sagte der leitende FBI-Ermittler Joseph Persichini. Die Briefe mit den Erregern gingen damals bei Kongressabgeordneten im Washingtoner Kapitol sowie bei Medienunternehmen in New York und Florida ein. Die Opfer waren vor allem Mitarbeiter der Postabteilungen, die die Briefe öffneten. Fünf Menschen starben, 13 weitere erkrankten an Milzbrand."Wir bedauern, dass wir nicht die Möglichkeit haben werden, die Beweismittel einer Geschworenenjury vorzulegen", sagte Staatsanwalt Taylor.
Ruf eines anderen Forschers zerstört
Sieben Jahre nach den tödlichen Anschlägen veröffentlichten die Behörden zahlreiche Dokumente aus der Ermittlungsakte des Falls, die bisher unter Verschluss gehalten worden war. Darunter waren dutzende Durchsuchungsbefehle, Polizeiberichte und anonyme Briefe. Insgesamt umfassten die Ermittlungen laut FBI mehr als 9000 polizeiliche Befragungen. Mehr als 6000 Vorladungen seien verschickt worden. Die Untersuchung war jedoch in die Kritik geraten, nachdem die Polizei einen anderen Wissenschaftler ins Visier genommen und dessen Ruf und Karriere durch die Anschuldigungen zerstört hatte.
Der zweifache Familienvater Ivins hatte das FBI während der Ermittlungen unterstützt. In jüngster Zeit war dem Wissenschaftler, der seit 18 Jahren in einem Forschungslabor in Fort Detrick im US-Bundesstaat Maryland arbeitete, einem Bericht der "Los Angeles Times" zufolge der Zugang zu einigen sensiblen Bereichen an seinem Arbeitsplatz verwehrt worden. Freunde und Mitarbeiter des Wissenschaftlers sagten der Zeitung, Ivins sei depressiv gewesen und habe eine tödliche Überdosis von Medikamenten eingenommen.
Anschuldigung zurückgewiesen
Sein Anwalt Paul Kemp wies auch nach dem Tod seines Mandanten die Anschuldigungen gegen diesen scharf zurück. "Der unerbittliche Druck und die Anspielungen haben bei mehreren Menschen auf unterschiedliche Art und Weise ihren Tribut gefordert. Im Fall von Dr. Ivins führten sie zu seinem vorzeitigen Tod", sagte er Medienberichten zufolge in der vergangenen Woche.