Historisches Urteil Hochrangiger Kardinal im Vatikan zu mehr als fünf Jahren Haft verurteilt

Der italienische Kardinal Aneglo Becciu wurde im Finanzprozess schuldig gesprochen
Der italienische Kardinal Aneglo Becciu wurde im Finanzprozess schuldig gesprochen
© Alberto Pizzoli / AFP
Einst wollte er Papst werden. Als Vertrauter von Papst Franziskus wickelte Angelo Becciu im Vatikan fragwürdige Millionendeals ab. Deswegen landete er nun vor Gericht.

Ein Gericht im Vatikan hat einen einst einflussreichen italienischen Kardinal wegen Finanzverbrechen zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Der 75-jährige Angelo Becciu, ehemaliger enger Berater von Papst Franziskus, wurde wegen Veruntreuung, Amtsmissbrauch und Zeugenbeeinflussung verurteilt, wie Gerichtspräsident Giuseppe Pignatone am Samstag erläuterte. Bei dem Fall ging es vor allem um den Kauf einer Londoner Luxusimmobilie für 350 Millionen Euro durch den Vatikan.

Noch nie zuvor war ein Kurienkardinal von einem Vatikan-Gericht zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Beccius Anwälte kündigten an, gegen das Urteil Einspruch einzulegen.

Becciu, der einst selbst als möglicher Kandidat für das Papstamt galt, war im September 2020 wegen des Finanzskandals seines Amtes enthoben worden und musste seine Kardinalsprivilegien aufgeben. Neben dem Kauf der Immobilie in London ging es auch um die Veruntreuung von Geldern im Fall einer in Mali entführten Geistlichen.

Becciu wies stets alle Anschuldigungen zurück. Im November 2022, schon während des Prozesses, wurde öffentlich, dass Becciu heimlich ein Telefongespräch mit Franziskus aufzeichnete, wohl um sich selbst zu entlasten.

Neun weitere Personen wegen Korruption im Vatikan angeklagt

Der Strafprozess zählt zu den bislang größten im Vatikan. Erstmals stand ein hochrangiger Kardinal als Angeklagter vor dem Gericht. In dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Prozess ging es im Kern um den verlustreichen Kauf einer Luxusimmobilie im Londoner Stadtteil Chelsea durch das vatikanische Staatssekretariat, in dem Becciu mehrere Jahre ein wichtiger Abteilungsleiter war. Der Deal ging schief, weil der Vatikan mehr Geld investierte als geplant. Am Ende stand ein Verlust in dreistelliger Millionenhöhe.

Die Ermittlungen rund um den fragwürdigen Millionendeal in London deckten unterdessen weitere krumme Geschäfte und Machenschaften innerhalb des Vatikans auf. Die vatikanische Strafverfolgung warf dem italienischen Kirchenmann und neun weiteren Angeklagten unter anderem Erpressung, Geldwäsche, Betrug, Korruption, Veruntreuung und Amtsmissbrauch vor. Staatsanwalt Alessandro Diddi hatte sieben Jahre und drei Monate Gefängnis für Becciu gefordert und für die übrigen Angeklagten zwischen fast vier und 13 Jahre. 

Eine angeklagte Person wurde freigesprochen, zwei weitere wurden zu Geldstrafen verurteilt und eine Frau zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung. Die schwerste Strafe bekam mit siebeneinhalb Jahren Gefängnis und 10.000 Euro Geldstrafe Fabrizio Tirabassi, ein ehemaliger Angestellter des Staatssekretariats im Vatikan, der in der Angelegenheit Provisionen erhalten haben soll. Becciu wurde neben seiner Haftstrafe mit einer Geldstrafe von 8000 Euro belegt.

Papst Franziskus zieht Konsequenzen

Der Prozess sorgte für einen massiven Imageschaden in dem kleinsten Staat der Erde. In Folge der Vorwürfe verlor der gebürtige Sarde seine Rechte als Kardinal und hätte damit auch bei einer Papstwahl (Konklave) nicht dabei sein dürfen. Allerdings durfte Becciu sich weiter Kardinal nennen. Papst Franziskus zog ihn damals zudem von der Position des Leiters der Behörde für Heilig- und Seligsprechungsprozesse ab.

Papst Franziskus und die Verwaltung des Vatikans zogen aus dem Immobilienskandal Konsequenzen. Der Pontifex ordnete danach die Zuständigkeiten in der Kurie neu. Er entzog dem mächtigen Staatssekretariat und anderen Behörden des Heiligen Stuhls die Verfügungsgewalt über Vermögenswerte. Diese obliegt nun der vatikanischen Güterverwaltung (Apsa) sowie der Vatikanbank IOR.

DPA · AFP
cl

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos