Katholische Influencer Fit, fromm, viral: Vatikan wirbt mit heißen Priestern für den Glauben

Der Priester-Influencer Pater Giuseppe Fusari posiert in der Sonne.
Der katholische Influencer Giuseppe Fusari zählt zu den wohl fittesten Priestern Italiens
© Don Giuseppe Fusari
Muskulös und gutaussehend: Der Vatikan setzt auf attraktive Priester-Influencer, um wieder mehr Menschen für die Kirche zu begeistern. Sie kommen vor allem aus Italien.

Auch katholische Priester trainieren ihren Bizeps. In einem Video auf Tiktok sieht man Pater Ambrogio Mazzai, wie er ein 20-Kilo-Hantelgewicht stemmt. Den Rücken zur Wand, beide Arme gestreckt, hebt er es immerzu auf und ab. Mazzai sieht dabei kaum angestrengt aus, er scheint des Öfteren hier im Fitnessstudio zu sein. Offenbar stählt er sich dort für den nächsten Gottesdienst: "Training, um die große Hostie zu heben", wird plötzlich als Schriftzug im Video eingeblendet.

Auf Tiktok und Instagram hat Pater Mazzai fast eine halbe Million Follower. Für einen Priester-Influencer ist das eine hohe Zahl. So viele Menschen leben nicht einmal im Bistum Verona, wo Mazzai Priester ist. 

Dem Zeitgeist anpassen

Seine Follower lieben ihn. Manche loben die "Kreativität" seiner Videos und seine "weisen Worte", wenn er vor laufender Kamera einen Bibelpsalm auslegt. Doch insbesondere sein sportliches Aussehen scheint gut anzukommen: "Was für ein schöner Mann unser Pater ist!", kommentiert ein Follower. Und ein anderer: "Du bist wirklich sehr hübsch und elegant!" 

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Attraktive Priester-Influencer, die die christliche Religion wieder cool machen, kann die katholische Kirche dieser Tage gut gebrauchen. Laut der deutschen Bischofskonferenz haben hierzulande 321.611 Menschen im vergangenen Jahr die Kirche verlassen. Indes sind nur 1839 neu eingetreten. 

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Vor allem die jungen Menschen lassen sich nicht mehr allein von der Kanzel aus erreichen. Die Kirche muss sich dem Zeitgeist anpassen: In den sozialen Medien können die Geistlichen nahbarer und authentischer auftreten. Außerdem haben sie oft eine Reichweite, von der viele christliche Gemeinden nur träumen können.

Der Vatikan ist sich dessen bewusst. Daher hat er vergangene Woche über tausend kirchliche Influencer und digitale Missionare zum katholischen Weltjugendtreff nach Rom eingeladen. Es ging um die Frage, wie soziale Medien die Evangelisierung fördern können.

Die Influencer kamen aus der ganzen Welt. Sie sind jung, kennen die Trends auf Social Media und achten zudem auf ihre äußere Erscheinung. Denn wer gut aussieht, bekommt in den sozialen Medien mehr Aufmerksamkeit. Gerade in Italien scheint es Priester-Influencer wie Pater Ambrogio Mazzai zu geben, die durch ihr gutes Aussehen auffallen. Dabei sind längst nicht alle unter ihnen so jung wie ihre Follower.

Der "Bodybuilder-Priester"

Pater Giuseppe Fusari, in Italien bekannt als der "Bodybuilder-Priester", ist 58 Jahre alt. Seine Gemeinde liegt in der lombardischen Stadt Brescia. Auf Instagram zeigt sich Fusari meist in einem engen, kurzärmeligen Kollar, unter dem straffe Brustmuskeln durchscheinen. Wäre er nicht schon Priester, könnte er problemlos als Fitness-Influencer durchgehen.

Rund 60.000 Menschen folgen ihm bereits auf Instagram. Er interpretiert in seinen Videos die Evangelien, teilt spirituelle Gedanken mit seinen Followern und spricht bisweilen von El Grecos Gemälden oder der Architektur einer Kathedrale. Fusari ist auch studierter Kunsthistoriker und Schriftsteller.

Doch nicht immer gibt er sich klerikal. Auf einem Foto posiert er in einem hautengen T-Shirt, unter dem seine Tribal-Tattoos hervorblitzen. Eine Nutzerin postet als Reaktion einen Verliebt-Smiley und kommentiert: "Heute möchte ich beichten!"

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Fusari teilt keine Bilder aus dem Fitnessstudio, er filmt sich oft in der Kirche. Dennoch bleibt bei keinem Beitrag sein Aussehen unkommentiert. "Einen durchtrainierten Priester mit Tattoos und modischen Armbändern hatte ich noch nie gesehen. Hut ab, Pater!", schreibt jemand. Ein anderer nennt ihn "Vater Squat".

Priester oder Model-Influencer?

Auch Pater Cosimo Schena aus Brindisi in Apulien hält sich körperlich in Topform. Der Bart ist akkurat rasiert, das Dauerabo im Fitnessstudio sieht man ihm an. Er lädt neben Videos mit Kurzpredigten und Lebensweisheiten auch professionelle Fotoshootings von sich hoch. Wie ein Model von Versace posiert er in einem maßgeschneiderten Kollarhemd und schwarzen Lackschuhen. Er schmust dabei gerne mit seinen Hunden oder schlendert die Adriaküste entlang.

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Pater Schena hat allein auf Instagram eine halbe Million Follower. Dort nennt er sich "der Dichter der Liebe Gottes". Die italienische Tageszeitung "La Repubblica" bezeichnete ihn bereits als den "beliebtesten Priester Italiens in den sozialen Medien".

Ob seine Popularität Menschen für den christlichen Glauben begeistert hat, lässt sich nicht zweifelsfrei überprüfen. Doch Pater Schena will schon eine Veränderung in seiner eigenen Gemeinde beobachtet haben. Die Besucherzahlen in seiner Kirche hätten sich verdoppelt, seitdem er auf Facebook und Tiktok als Influencer aktiv sei, sagte er dem "Corriere della sera".

Der katholische Oberinfluencer ist derzeit der Heilige Vater selbst. Papst Leo XIV. hat 14 Millionen Instagram-Follower und mehr als 52 Millionen Follower in neun Sprachen auf seinem @Pontifex-X-Account. 

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Die christliche Missionierung in den sozialen Medien könnte sich in Zukunft noch weiter entwickeln. Schon jetzt wachsen die Followerzahlen der katholischen Influencer. Was die Nutzer an ihnen fasziniert: Sie brechen mit dem Bild des Priesters als konservativer, strenger Moralapostel. Stattdessen wollen sie als moderne Männer Gottes auftreten, die mit ihren Followern auf Augenhöhe sind. In einer alltäglichen Sprache plaudern sie über religiöse Themen und sehen selbst im Talar allerliebst aus. Dabei nehmen sie sich auch nicht immer allzu ernst – wie Pater Ambrogio Mazzai.

Gegen die Laster anjoggen

In einem seiner Videos joggt er auf einem Laufband. Er keucht unter zwei Eisenketten, die um seinen Hals hängen. "Leben mit der Sünde" wird in gelber Schrift eingeblendet. 

Dann kommt ein Schnitt und ein neues Bild. Don Ambrogio ist immer noch auf dem Laufband, aber die Ketten sind weg. Jetzt fliegt er geradezu über das Band, schnell und mit großen Sprüngen. Der Satz erscheint: "Ein Leben in Gottes Vergebung führen." Dazu dudelt Tiroler Volksmusik. "Wie bin ich nur hier gelandet?", kommentiert ein Nutzer.

Auch wenn es zu Missverständnissen führen kann: Die Kirche müsse sich der missionarischen Herausforderung des Internets stellen, erklärte Monsignore Lucio Ruiz, Sekretär für Kommunikation im Vatikan. "Die Sprache mag sich ändern, doch die Botschaft bleibt dieselbe – die von Jesus." 

Vielleicht war Jesus Christus selbst der erste Influencer der Geschichte. Er zog durch Galiläa, predigte den Menschen vom Glauben an Gott und erschuf sich so seine Anhängerschaft. Heute würde er sich wahrscheinlich auch ein Profil auf Tiktok erstellen.

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