Im Salzburger Prozess um die Gletscherbahn-Katastrophe in Kaprun sind am Donnerstag alle 16 Angeklagten freigesprochen worden. Die Angeklagten hätten den Unfall und damit das Brandrisiko nicht vorhersehen können, urteilte das Gericht und schloss sich damit der Position der Verteidiger an. Die Staatsanwaltschaft machte dagegen eine Verknüpfung aus technischen Mängeln, Fahrlässigkeiten der Angeklagten und Schlampereien für das Unglück verantwortlich. Die Nachrichtenagentur Reuters dokumentiert die zentralen Punkte:
- Auslöser des Unglücks war nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ein nachträglich eingebauter Heizlüfter, der eine unmittelbar daneben installierte, undichte Bremsleitung in Brand setzte. Dem hält das Gericht entgegen, dass ein Konstruktions- und Materialfehler vorlag, weil sich der so genannte Heizstern löste und die Rückwand des Geräts Feuer fing - das Gehäuse war demnach nicht "eigensicher", wie es die Experten formulieren. Das Gericht folgte dabei der Einschätzung von Gutachtern, dass der Brand sich auch ohne die benachbarte Bremsleitung ausgebreitet hätte.
- Die Gletscherbahn "Kitzsteingams" brannte schon, als sich der Zug an der Talstation in Bewegung setzte. Obwohl Wintersportler per Handy einen Notruf absetzten, blieb der vollbesetzte Zug erst im Tunnel stehen, wo er innerhalb weniger Minuten ausbrannte und schmolz. Vom Gericht angehörte Gutachter sagten, ein längerer Bremsweg sei normal.
- Der "Gletscherjet" hatte keine Brandschutzvorkehrungen. Viele Opfer verbrannten, weil sich die Türen und Fenster nicht von innen öffnen ließen. Weder im Zug noch im Tunnel gab es Feuerlöscher, Brandmelder oder Wärmesensoren. Die Bahn bestand zudem aus vielen brennbaren Materialen: Die Führerstände waren nicht aus Metall, sondern aus glasfaserverstärktem Kunststoff gebaut. Die Seitenwände waren nicht aus Alucobond-Platten, sondern aus doppelwandigem Aluminium mit Styropor. Das Gericht bescheinigte der Gletscherbahn, dass sie alle Vorschriften erfüllt habe und die Behörden den Bau und späteren Umbau genehmigt hätten.
- Der Tunnel zum Kitzsteinhorn war unbeleuchtet, die Fenster des Zuges getönt. Rettungshelfer berichteten, viele Passagiere seien im Tunnel panisch umhergeirrt. Viele Menschen starben, weil sie bergauf und damit in die falsche Richtung rannten: Sie erstickten qualvoll, als die giftigen Dämpfe des Brandes wie in einem Kamin nach oben gezogen wurden. Notausgangsschilder fehlten in der über drei Kilometer langen Röhre.
- Die Nottreppe in der Gletscherbahn war 60 Zentimeter breit und viel zu eng für die vielen Passagiere. Der Tunnel hatte zudem keine Tore, um die Kaminwirkung zu verhindern. Drei Menschen starben auf der Bergstation der Gletscherbahn, weil die Tür zum Fahrtunnel nicht schloss. Giftige Dämpfe konnten sich so nach oben ausbreiten. Die Verteidigung hat argumentiert, dass der Unfall nicht vorhersehbar gewesen sei.
- Die österreichischen Behörden und der TÜV haben die fehlenden Brandschutzvorkehrungen der Gletscherbahn niemals beanstandet. Die Alpenrepublik hatte zum Zeitpunkt des Unglücks keine Brandschutzvorschrift für Seilbahnen. Das Verkehrsministerium hat den Brandschutz 2003 nach wiederholter Kritik gesetzlich geregelt.