In Westerhausen bei Quedlinburg ist ein Elternpaar gestorben, seine vier Kinder im Alter von 8 bis 13 Jahren wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Möglicherweise überlebten sie nur, weil aufmerksame Nachbarn den Großvater der Familie darauf hingewiesen hatten, dass den ganzen Tag über die Rollläden unten waren.
Der Großvater fand am Dienstagnachmittag die Leichen seiner Tochter und seines Schwiegersohnes und seine schwer verletzten Enkel. Die Jungen und Mädchen waren am Dienstag nach Informationen des Westerhausener Bürgermeisters Eberhard Heintze auch nicht in der Schule gewesen.
Obduktion angeordnet
Nach den ersten Ermittlungen der Polizei begingen die 32-jährige Frau und der 33-jährige Mann mit einer giftigen Flüssigkeit Selbstmord. Die Polizei geht davon aus, dass das Ehepaar seine Kinder mit in den Tod nehmen wollte und vergiftet hat. Die Ermittler schließen aber auch nicht aus, dass die Kinder mit dem Gift lediglich ruhig gestellt werden sollten oder sie versehentlich die giftige Substanz zu sich nahmen. Fremdverschulden hatte die Polizei schon am Dienstagabend ausgeschlossen.
Vermutet wird, dass sich das Gift in einer Plastikflasche befand, in der ursprünglich Apfelsaftschorle abgefüllt war. Die Flüssigkeit wird noch untersucht. Die Leichen der 32 und 33 Jahre alten Eltern wurden an der Universitätsklinik in Magdeburg obduziert. Von toxikologischen Untersuchungen erhofften sich die Ermittler Hinweise auf das Gift.
Die Jungen im Alter von 8 und 13 Jahren schwebten am Mittwoch nicht mehr in Lebensgefahr, die 10- und 11-jährigen Töchter konnten das Krankenhaus verlassen. Sie wurden bei ihrem Großvater in Westerhausen bei Quedlinburg untergebracht, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten.
Mädchen öffnete die Tür
Der Großvater ist es auch gewesen, dem die Kinder vermutlich ihr Leben verdanken. Nachbarn hatten ihn am Dienstagnachmittag verständigt. Er stellte zunächst eine Leiter ans Haus, um über ein Fenster nach drinnen sehen zu können. Dabei konnte er Kontakt mit dem älteren Mädchen herstellen und es dazu bringen, ihm mit letzter Kraft die Haustür zu öffnen. Direkt danach brach das Kind im Hausflur zusammen, wie Polizeisprecher Uwe Becker sagte. Die Kinder wurden in Spezialkliniken in Halle und Quedlinburg gebracht.
Die Familie war nach Angaben des Bürgermeisters im Jahr 2000 in den Harzort gezogen. Eberhard Heintze sagte, über die Motive der Tat könne auch er nur spekulieren. Es sei kein Abschiedsbrief gefunden worden. Die Familie sei "ihren eigenen Weg gegangen, hat ihr eigenes Ding gemacht" und nicht so viel Kontakt mit den Nachbarn unterhalten. Vielleicht habe ihr einfach die Zeit gefehlt, da der Mann auf Montage gearbeitet habe und nur selten zu Hause gewesen sei. Auch die Frau sei berufstätig gewesen.
Die Familie sei nie negativ aufgefallen. Die Kinder seien immer ordentlich gekleidet gewesen. Die vier seien viel auf sich selbst gestellt gewesen und daher für ihr Alter sehr selbstständig gewesen, sagte Heintze. Das zeige den Zusammenhalt in der Familie.
Die Eltern stammten aus den Landkreisen Quedlinburg und Aschersleben. Sie hätten sich vor acht Jahren in Westerhausen ein Haus mit einem sehr großen Grundstück gekauft, das sicher auch viel Arbeit gemacht habe. Heintze sagte, er sei geschockt gewesen, als er von der Tragödie erfahren habe. "Ich bin seit 14 Jahren Bürgermeister, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt." Er hoffe, dass auch die beiden Kinder, die noch in Lebensgefahr schwebten, wieder gesund würden. "Wenn die Angehörigen irgendwelche Hilfe brauche, werden sie die von der Gemeinde bekommen", versicherte der Bürgermeister.