Lebewesen, die über eine Wasserkühlung nach dem Verdunstungsprinzip verfügen, bilden eine überschaubare Gruppe. Pferde, Zebras und Kamele zählen dazu und neben uns Menschen noch weitere Affen. Katze und Hund geht die Fähigkeit zum Schwitzen ab; bei vielen Raubtieren dienen verbliebene Schweißdrüsen an Pfote oder Tatze einzig dem Setzen von Duftmarken.
Während wir 2022 einen Sonnenstundenrekord erlebten, ist unser Verhältnis zumindest zum Duft der kühlenden Transpiration gespalten: Der Hund stempelt ihn stolz ins Gelände, sein Halter dämpft Aroma und Feuchte mit der Deodose. Das gelingt auch, es sei denn, man ist von Hyperhidrose heimgesucht. Wie viele Übel im Wortschatz der Medizin trägt auch dieses einen griechischen Namen, der allerdings nichts Komplexeres bezeichnet als den Übereifer von Schweißdrüsen.
Betroffen sind vor allem Handflächen, Fußsohlen und Achselhöhlen, in deren Einflusssphäre Schweißflecken eine immense Ausdehnung erreichen können, für Betroffene eine ernste Qual.
Warum schwitzen manche Menschen mehr als andere?
Doch was lässt das leicht gesalzene Wasser, das die Schweißdrüsen absondern, so stark strömen? Die reine Menge ist nicht das Maß dafür – zur rechten Zeit, bei großer Hitze also, kann jeder erwachsene und gesunde Mensch im Tagesverlauf literweise Schweiß absondern. Einen schlichten Messwert für die Diagnose Hyperhidrose gibt es deshalb nicht. Das falsche Timing dagegen ist das wesentliche Symptom: "Auftreten des Schwitzens temperaturunabhängig, unvorhersehbar und nicht willentlich kontrollierbar" sagt die Leitlinie der zuständigen medizinischen Fachgesellschaften. Sie teilt das Leiden in drei Schweregrade ein. Beim gravierendsten, Grad III, erreichen die Schwitzflecken einen Durchmesser von mehr als 20 Zentimetern und, klinische Lehrtexte sind sehr direkt, der "Schweiß tropft ab".
Wer derart betroffen ist, mit Beginn im Kindes- oder Jugendalter, erfährt leider oft Diskriminierung und macht früh die Erfahrung, dass Hausmittel nicht ausreichen. Die Symptome rühren nämlich nicht etwa von zu vielen oder zu großen Drüsen her, sondern von einer Überaktivität der Nerven, die sie steuern. Diese lassen sich durch Medikamente dämpfen, es können aber auch Schweißdrüsen entfernt oder mit Botulinumtoxin (kurz: Botox) stillgelegt werden. Das rechte Maß der Behandlung lässt sich dank ärztlichem Rat gut regulieren, und die normale Kühlfunktion des Schwitzens bleibt dabei erhalten.