Erwachsen ist man, wenn man das Richtige tut, selbst wenn es einem die Eltern empfohlen haben. Das ist die eine Seite. Über die andere will ich schreiben. Denn ich wollte als Kind schon schreiben.
Über den Wert von Kinderträumen hat Randy Pausch, der amerikanische Computerwissenschaftler, der dieses Jahr an Bauchspeicheldrüsenkrebs verstarb, seine letzte Vorlesung gehalten. Seine unglaublich rührende, traurige und gleichzeitig witzige und tröstliche "last lecture" hat mich schwer beeindruckt, mit einer großen Lektion für uns alle: Verrate deine Kinderträume nicht! Den Tod vor Augen erinnerte er Millionen wieder daran, dass wir, am Ende unseres Lebens, nicht das am ärgsten bereuen, was wir Falsches getan haben, sondern das, was wir gar nicht getan haben.
Programm und Auftrittstermine...
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Das Leben ist keine Pflichtveranstaltung
Auch das versuchen einige inzwischen durch Listen wie "1000 Dinge, die du tun musst, bevor du stirbst" zu einer Pflichtveranstaltung zu machen. Aber das Leben ist keine Pflichtveranstaltung. Es ist schon die Kür. Keine Probe, es ist Premiere, live, ohne Decoder zu empfangen. Jeden Tag, jetzt, in Farbe und mehr Dimensionen als jede 3-D-Animation.
Spätestens ab der Pubertät muss jeder Jugendliche ständig erklären, was er "mal werden" will. Die passende Antwort lautet: "Ich bin schon." Warum die Erwachsenen alle Kinder mit der Frage nach dem Berufswunsch nerven, ist doch klar: Sie suchen händeringend nach guten Ideen für sich selbst.
Nicht nur Fernsehredakteure gehen täglich in eine "Anstalt"; in jeder großen Organisation gemüsen so viele Leute völlig lustlos vor sich hin. (Ich habe gerade vegetieren eingedeutscht, mal schauen, ob sich das durchsetzt.) Mit Mitte 30 sind sie gefühlte 60, und aus Mitleid will man sie eigentlich schon jetzt in Rente schicken. Ich möchte denen am liebsten ein Schild auf ihren Schreibtisch stellen, auf dem steht: "Ich weiß nicht mehr, was ich als Kind werden wollte, aber das hier war es sicher nicht!" Das würde jedem, der die Amtsstube betritt, den Gesichtsausdruck erklären, und wenigstens einer könnte darüber lachen.
Ihr verpasst das Beste
Ich habe mal einen sehr erfolgreichen Kreativen gefragt, was das Wichtigste in seinem Job ist. "Mit Erwachsenen wieder ein bisschen Kindergarten zu spielen", antwortete er. Das hätte von Jesus kommen können: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder - verpasst ihr das Beste. Und da hockst du wie ein Kamel vor dem Nadelöhr und schaust Börsenkursen beim Fallen zu, statt draußen im Herbstlaub die bunten Blätterhaufen aufzuwirbeln.
Wenn man wissen will, wie viel ein Kind noch wächst, kann man an den Handknochen die Wachstumsfugen röntgen. Irgendwann sind die verknöchert, und dann wachsen nur noch Ohren und Nase weiter, was die Gesichtsproportionen verschiebt in Richtung Prince Charles. Das Einzige, was ohne Volumenzunahme bis ins Alter wachsen kann, ist das Gehirn. Dummerweise nehmen die Menschen meistens am Bauch mehr zu als im Kopf, und das liegt nicht immer am Bauchhirn. Sesselpupen macht Gesäßverkalkung - und auch die Synapsen verknöchern vor sich hin, weil ihnen der wichtigste Treibstoff zum Sprießen fehlt: Neugier! Neugier ist Denk-Dünger, auf ausgetretenen Pfaden wachsen weder Gras noch Ideen. Was aber sagt man einem Kind Hunderte Male, wenn es etwas wissen will? "Sei nicht so neugierig!"
Ab heute rufen Sie bitte jedem sumpfenden Kind vor der Glotze, dem Computer und im Einkaufszentrum zu: "Sei nicht so erwachsen!" Und wenn es nicht reagiert - kitzeln. Denn die Kinder sollen es doch mal besser haben als wir. Warum eigentlich nur die?