Ötzi Eismann hat keine lebenden Verwandten

Mit großer Wahrscheinlichkeit lebt heutzutage niemand, der vom Steinzeitmenschen Ötzi abstammt. Das berichten Wissenschaftler, die das Erbgut des vor 5000 Jahren gestorbenen Mannes untersuchten.

Mit einer speziellen Technik hatten die Forscher um Franco Rollo von der Universität Camerino (Italien) das Erbgut in den sogenannten Mitochondrien von Ötzis Zellen erstmals komplett entziffert: die mitochondriale DNA oder kurz mtDNA. Sie hatten dieses Erbgut aus einer Darmprobe isoliert, die Ötzi im Jahr 2000 entnommen wurde. Damals wurde der Eismann erstmals vollständig aufgetaut. Mit ihrer Untersuchung liegt nun die derzeit älteste mtDNA-Genom-Sequenz eines modernen Menschen überhaupt vor. Die Mitochondrien sind die "Energiekraftwerke" der Zellen.

Das Analyseergebnis, das die Forscher im Fachblatt "Current Biology" präsentieren, überrascht die Fachwelt: Ötzis Typ mitochondrialer DNA war bislang gänzlich unbekannt. Frühere Untersuchungen von Ötzis Erbgut hatten gezeigt, dass der Eismann einer "K" genannten genetischen Linie angehörte. Experten sprechen auch vom "Haplotyp K", zu dem heute noch auch rund acht Prozent aller Europäer gehören. Ötzi fällt in die Subgruppe "K1", die sich wiederum in drei Teilgruppen aufspaltet. Wie die nun vorgestellte Untersuchung zeigt, passt Ötzis Erbgut jedoch in keine dieser drei Teilgruppen.

Das bedeutet: Ötzi hat wahrscheinlich keine lebenden Nachfahren - oder seine Abstammungslinie ist extrem selten geworden und wurde bei genetischen Untersuchungen bislang nicht entdeckt.

Von der Mutter vererbt

Mitochondriale DNA wird ausschließlich von der Mutter an die Nachkommen vererbt und vermischt sich nicht mit dem väterlichen Erbgut. Da sich das mitochondriale Erbgut über die Jahrzehnte nur langsam verändert, stellen Analysen der mtDNA sozusagen ein Fenster in die Vergangenheit dar. Sie erlauben Aussagen über die Herkunft von Menschen und ihre Verwandtschaft untereinander.

Ötzi starb vor etwa 5300 Jahren im Alter von etwa 46 Jahren. Er wurde von einem Pfeil getroffen und dann vermutlich mit einem Keulenschlag getötet. Seine mumifizierte Leiche wurde 1991 nahe der österreichisch-italienischen Grenze gefunden und wird seit 1998 im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen ausgestellt.

DPA
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