Anzeige
Anzeige

Ägyptische Pyramiden Dem Rätsel der Cheops auf der Spur

Ein französischer Architekt hat eine neue Theorie zum Bau der Cheops-Pyramide vorgelegt und mittels 3D-Simulation nachgewiesen, dass sie funktioniert: Mit einer verborgenen Rampe sollen die Steine befördert worden sein. Experten klatschen Beifall - und suchen Beweise.
Von Helge Bendl, Paris

Tief unten entladen Hundertschaften von Arbeitern die im Hafen vertäuten Lastkähne, ziehen tonnenschwere Kalksteinbrocken den Hang hinauf. Hinten glitzert die große Pyramide im Sonnenschein - seit Jahrzehnten im Bau und doch bald fertig, rechtzeitig vor dem Tod des Pharaos. Man kann tiefer fliegen und ganz genau beobachten, wie die Männer Stein um Stein umsetzen, man kann ihnen folgen in die Tunnels im Inneren der Pyramide, kann sich hin und her drehen und jede Fuge inspizieren, und dann von der Spitze des Gebäudes nach unten rasen, 146 Meter wie in der Achterbahn, bis einem schwindelig wird.

Dann setzt Jean-Pierre Houdin seine 3D-Brille ab, lächelt erleichtert und sagt stolz: "Das war kein Film, und schon gar nicht Science-Fiction. Was Sie gesehen haben, sind Daten - geometrisch, physikalisch und funktionell geprüfte Daten. Ich bin der Erste, der mit einer 3D-Simulation beweist, dass meine Theorie auch in der Realität funktioniert."

Es funktioniert, hat der Computer errechnet

4500 Jahre nach dem Bau der Cheops-Pyramide weiß man immer noch nicht, wie das letzte heute noch bestehende Weltwunder der Antike gebaut wurde. 1001 Theorien wurden in den letzten Jahren entwickelt und wieder verworfen. Nun hat der französische Architekt Jean-Pierre Houdin seine eigene vorgestellt - und sie anhand einer 3D-Simulation gleich auf ihre Machbarkeit überprüft.

Mehr Infos im Netz

Die Computersimulation, die Jean-Pierre Houdins Theorie auf Machbarkeit überprüft, können Sie hier im Internet abrufen.

15 Experten des französischen Weltmarktführers Dassault Systèmes arbeiteten zwei Jahre lang, um die technischen Daten der Cheops-Pyramide auf den Computer zu übertragen und ein 3D-Modell zu errechnen. Doch nicht nur das: Die Ingenieure prüften auch, ob die tonnenschweren Steine mit den von Houdin angegeben Mitteln auch wirklich in Position gebracht werden können. Was jüngst vor Fachleuten auf der 400 Quadratmeter großen Leinwand des Rundumkinos Géode in Paris präsentiert wurde, kann man sich auch auf dem Computer zu Hause ansehen: Houdins Theorie funktioniert.

Eine Rampe wie ein Korkenzieher

Die ersten 43 Meter der Cheops-Pyramide sind demnach über eine Außenrampe mit relativ geringer Steigung errichtet worden. Während andere Theorien für den großen Rest der einst etwa 146 Meter hohen Pyramide ebenfalls von einer Außenrampe, einfachen Hebemaschinen oder einer an der Außenwand entlanglaufenden Rampe ausgehen, sieht Houdins Idee eine im Inneren der Pyramide angelegte Rampe vor.

Diese schraube sich spiralförmig entlang der Seitenflächen wie ein Korkenzieher nach oben und sei noch heute einige Meter unter dem Stein verborgen. Mit einem ausgeklügelten System von Gegengewichten habe man die bis zu 63 Tonnen schweren Granitbrocken über der Königskammer installiert.

"Klingt einfach logisch"

"Houdins Theorie ist mehr als interessant - sie ist revolutionär und in sich schlüssig", sagt der Ägyptologe Rainer Stadelmann, ehemaliger Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Kairo. "Als Architekt nimmt Houdin die Erbauer der Pyramiden wirklich ernst und sieht sie als das, was sie tatsächlich waren: als meisterhafte Konstrukteure und Ingenieure."

Auch von anderer Seite erhält der französische Forscher viel Lob: "Keine der bisher bekannten Theorien zum Bau der Pyramide hat auf lange Sicht der wissenschaftlichen Analyse standgehalten. Wir wissen einfach immer noch nicht, wie die Ägypter ein solches Wunder errichten konnten. Die Idee von Jean-Pierre Houdin ist zwar auch nur eine Theorie, weil Beweise fehlen. Aber jeder seriöse Forscher muss sich mit ihr beschäftigen - sie klingt einfach logisch", sagt Bob Brier alias "Mr. Mummy", ein weltbekannter amerikanischer Ägyptologe. Beide Wissenschaftler haben sich bereit erklärt, den Franzosen bei seinen Untersuchungen vor Ort zu unterstützen.

Der Beweis liegt im Inneren verborgen

"Jetzt gibt es nichts mehr zu sagen: Ich muss meine Theorie beweisen und die im Inneren der Pyramide verborgene Rampe finden", sagt Jean-Pierre Houdin, 56. Dafür braucht der Franzose aber das Wohlwollen eines in der Szene berühmten Mannes: Zahi Hawass, Generalsekretär der ägyptischen Antikenbehörde, Hüter der Pyramiden und seiner Machtfülle wegen "Der Pharao" genannt.

Hawass hat sich in Interviews mehrfach zu Jean-Pierre Houdin geäußert - mal positiv, mal negativ. Ob er einer Forschungsmission, die frühestens 2008 starten könnte, die nötigen Genehmigungen erteilen würde? "Wir würden die Pyramide nicht zerstören, würden weder sägen noch bohren. Es geht darum, mit moderner Technik unter den Stein zu schauen und nach versteckten Gängen zu suchen", versucht Jean-Pierre Houdin mögliche Bedenken von Konservatoren zu zerstreuen.

Vielleicht muss Zahi Hawass aber gar nicht mehr überzeugt werden. Schließlich hat er Jean-Pierre Houdin jüngst indirekt schon als seriösen Forscher gewürdigt. "Er ist kein Pyramidiot", sagte der Ägypter über den Franzosen. Pyramidioten - das sind für Zahi Hawass alle seine Gegner. Und natürlich diejenigen, die immer noch glauben, die Außerirdischen hätten beim Bau der Pyramiden ihre Hände im Spiel gehabt.

Mehr zum Thema

Newsticker