Honigbienen haben mathematische Fähigkeiten - allerdings endet ihre Mengenvorstellung bei höchstens vier Objekten. Mehr können Bienen nicht unterscheiden. "Die Bienen sind so leistungsfähig wie ein Schimpanse, was die Unterscheidung der Zahl von Objekten angeht", sagte Professor Hans J. Gross, Biochemiker und Mitglied der "BEEgroup" an der Universität Würzburg. Gross zufolge haben die Wissenschaftler erstmals die Mengenvorstellung von einem wirbellosen Tier untersucht. Bekannt war, dass Tauben und Schimpansen eine gewisse Anzahl von Objekten erfassen können. Von Bienen habe man dies bisher nicht gewusst. Die neuen Erkenntnisse zur Bienen-Mathematik hat die von Wissenschaftler Jürgen Tautz geleitete "BEEgroup" gemeinsam mit australischen Kollegen nun im Fachjournal "Plos One" online veröffentlicht.
Für ihre Untersuchung ließ das deutsch-australische Team von 2006 bis 2008 Bienen durch Plexiglasröhren fliegen. An die Einflugöffnung der Röhre malten die Wissenschaftler kleine Objekte - beispielsweise drei schwarze Punkte. Um an ihre Nahrung zu kommen musste sich die Biene am Ausgang zwischen drei gemalten Zitronen und vier grünen Blättern entscheiden. Nach Angaben der Wissenschaftler merkten sich die Bienen die gesehene Punktezahl am Eingang der Röhre - also drei - und lernten, dass sie am Ausgang in die Richtung fliegen müssen, wo ebenfalls drei Objekte angezeigt wurden.
Das gesehene Objekt an sich - Stern, Blatt, Punkt oder Obst - habe für die Entscheidung der Insekten keine Rolle gespielt. Es machte keinen Unterschied, ob die Bienen ihnen vertraute oder vorher noch nie gezeigte Objekte erkennen mussten. Größere Mengen als vier, beispielsweise in Paarungen von vier gegen fünf oder mehr Objekte, konnten dagegen von den Insekten nicht mehr unterschieden werden.
"Die Biene lässt sich nicht ablenken von dem Objekt selbst, sondern sie hat gelernt, dass es nur auf die Anzahl ankommt", erläuterte der Biochemiker Gross. Bei Versuchen von vier oder weniger Objekten habe sich die Biene in mehr als 70 Prozent der Fälle richtig entschieden und sei zu ihrer Nahrung gelangt. "Das ist eine angeborene Fähigkeit von Mensch und Tier, die man nicht erlernen kann." Nach Gross' Worten können Menschen vier Objekte gleichzeitig erkennen, ohne zu zählen, bei der Honigbiene seien es drei. Ab einer Menge von vier nehme die Biene Objekte als "viel" wahr, sie könne aber nicht unterscheiden, ob es vier, fünf oder mehr sind. Im Alltag nutzt die Biene ihre numerischen Fähigkeit beispielsweise, um sich die Anzahl von Häusern oder Bäumen bei ihrem Stock oder in ihrem Revier zu merken.