Klimawandel Kampf für den Zugspitzen-Gletscher

Riesige Plastikplanen sollen den Gletscher der Zugspitze vor dem Schmelzen schützen. Ein umstrittenes Vorhaben: Die Aktion ist teuer - und kann das Sterben des Gletschers höchstens verlangsamen, aber nicht stoppen.

Moderne Stoffe sollen den Gletscher der Zugspitze vor den Folgen des Klimawandels schützen. Die Folien sollen verhindern, dass das Eis auf der Zugspitze in der Sonne schmilzt. Es könnte ein aussichtsloser Kampf werden: Der Gletscher auf Deutschlands höchstem Berg schrumpft von Jahr zu Jahr, verliert an Dicke und Volumen. Wegen des Klimawandels könnte er - wie andere Alpengletscher auch - eines Tages ganz verschwunden sein.

Folien im Sommer, Explosionen im Winter

"Der Gletscher ist unsere Lebensader", nennt Frank Huber von der Zugspitzbahn als Grund für den Kampf um das Eis. "Wir tun alles, um ihn zu retten." Seine Angestellten unterstützen ihn dabei. Das "Sterben" seines Gletschers macht Huber zunehmend melancholisch: "Ich bin mit dem Gletscher groß geworden. Es ist traurig, daran zu denken, dass die Kinder meiner Kinder eines Tages nicht mehr wissen werden, wie er sich anfühlt und aussieht."

Seit 14 Jahren kämpft Huber deshalb mit Schutzfolien gegen die Schmelze in den Sommermonaten. Dieses Jahr ist die Schutzfläche um die Hälfte größer als bisher und deckt 9000 Quadratmeter ab. 30.000 Kubikmeter Eis und Schnee können damit gerettet werden. Das entspricht dem Volumen einer einstöckigen Fabrikhalle von der Größe eines Fußballfeldes.

Für den Winter wurden ähnlich innovative Ideen entwickelt: Kontrollierte Explosionen lassen Lawinen auf das Gletscherfeld niedergehen, um mehr Schnee zuzuführen. Zusätzlich verhindern Schneezäune, dass der Wind die Flocken von der Oberfläche weht.

Verlangsamen, nicht aufhalten

Ob der Gletscher damit gerettet werden kann, ist zweifelhaft: Seit Beginn des Industriezeitalters schrumpft das Eisfeld. Im Jahr 1910 war der Gletscher noch 80 Meter dick, heute sind es gerade 45 Meter. Immer schneller nahm der Gletscher während der vergangenen 25 Jahre ab.

Auch die Folie, die das Sonnenlicht reflektiert, wird das Schmelzen nicht aufhalten können. "Mit der Plane und all den anderen Dingen, die wir tun, werden wir den Prozess nur verlangsamen können. Wir sind nicht in der Lage, den Gletscher zu retten", sagt Huber.

Kritiker sehen die Folie deshalb als große Zeit- und Geldverschwendung: "Die Abdeckung wird den Gletscher nicht retten, weil sie nur einen kleinen Teil für den Wintersport abdeckt", sagt Markus Weber, Glaziologe an der Bayrischen Akademie der Wissenschaften in München. "Sie ist teuer und der Effekt ist begrenzt." Dass die Sorge um den Tourismus ein Hauptmotiv für die Arbeit ist, gibt Huber offen zu: "Die Zugspitze lebt vom Tourismus. Unser Ziel ist es, den Skibetrieb am Laufen zu halten." Gerade bei der schlechten Schneelage in diesem Winter seien viele Skiläufer auf den Gletscher geflüchtet.

Die Snowboarder müssen sich schon einschränken

Der Zugspitzgletscher wird wahrscheinlich das Schicksal der meisten anderen Eisdecken in den Alpen teilen: Die Zwischenstaatliche Sachverständigengruppe über Klimawandel der Vereinten Nationen (IPCC) sieht die Zukunft der Alpengletscher gefährdet. Die Experten des Weltklimarats gehen davon aus, dass kleinere Alpengletscher verschwinden werden, während größere Gletscher bis zum Jahr 2050 zwischen 30 und 70 Prozent ihres Volumens einbüßen werden. Die Ursache sehen die Sachverständigen in den weltweiten Emissionen an Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen, welche die Atmosphäre aufheizen.

In ihren Reden bemüht Bundeskanzlerin Angela Merkel deshalb das Sterben des Zugspitzgletschers gerne als Argument, um die Industrieländer zu mutigeren Schritten gegen den Klimawandel zu bewegen. Deutschland ist der sechstgrößte Emittent von Treibhausgasen.

Einige der 500.000 Touristen, die jedes Jahr die Zugspitze per Seil- oder Zahnradbahn erreichen, müssen sich heute bereits einschränken. Als Reaktion auf das Abschmelzen habe man aufgehört, für Snowboarder Half-Pipes in den Gletscher zu graben, sagt Huber. Viele Snowboard-Fahrer hätten der Zugspitze den Rücken gekehrt. Die Alternative wäre aber noch schlechter gewesen: "Wir bemerkten, dass der Gletscher in zehn bis zwanzig Jahren verschwunden gewesen wäre, wenn wir weiter Half-Pipes gegraben hätten."

Reuters
Erik Kirschbaum/Reuters

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