Plage Heuschrecken fallen über Südfrankfreich her

Nichts als trockene Strunke, so weit das Auge reicht. Wie abgeerntet sehen die Felder aus, reif zum Umpflügen. Doch es ist nicht Afrika, über das die "biblische Plage" hergefallen ist, sondern Südfrankreich.

Unmengen Heuschrecken sind über das Land hergefallen und haben Tausende Hektar in eine kahle Steppe verwandelt. Die "biblische Plage" hat die Gegend um St. Affrique im Süden des französischen Départements Aveyron heimgesucht.

Das Wüten geht schon seit sechs Wochen

"Beeindruckende Insektenwolken" seien aus den Grands Causses und dem Tal der Tarn gemeldet worden, berichtet Patrice Lemoux von der Landwirtschaftskammer Aveyron. Etwa 700 bis 800 Landwirte sind betroffen. Wer dort über die Felder geht, scheucht mit jedem Schritt einen Schwarm Insekten auf. Die Heuschrecken fressen, was die erbarmungslose Sonne auf den Feldern und Wiesen übrig gelassen hat. "Sie wandern als Kolonie von einem Feld zum andern. Das ist ziemlich beeindruckend", sagt ein Bauer aus Saint-Rome-de-Cernon. So viele Heuschrecken habe es hier noch nie gegeben.

Seit sechs Wochen geht das schon so. "Sie fallen über die neuen Triebe und das Futter her", erklärt die Landwirtschaftskammer. "Es wird schwer werden, das Vieh mit Heu und Stroh zu versorgen. Aber in Afrika ist es schlimmer: Wir können immer auf Importe zurückgreifen." Und das Phänomen sei natürlich auch viel begrenzter. Die Getreidefelder werden von den Heuschrecken in Ruhe gelassen: Das Korn ist schon zu reif; die Blätter sind schon zu hart und welk.

Klimaphänomen?

Manche bringen die Heuschreckenplage mit dem Klimawandel in Verbindung: Mit der Aufheizung werde Südeuropa "afrikanischer". Allerdings nimmt kein Verantwortlicher das Wort "Wanderheuschrecken" in den Mund. Heimgesucht wird das Aveyron von zwei bis dreieinhalb Zentimeter langen europäischen Schnarrschrecken (Psophus stridulus). Wenn die dunklen Tiere auffliegen, ertönt ein lautes Schnarrgeräusch, und es werden leuchtend rote Hinterflügel sichtbar. Auch in Deutschland findet man Schnarrschrecken in Heidelbeergebieten und auf trockenen, sonnigen Hängen und Wiesen.

"Das ist ein auswegloses Klimaphänomen", sagte der Bauer Léon Maille der Zeitung "France Soir". "Bei der großen Hitze vermehren sie sich stark." Vor 15 Jahren habe es schon einmal ein Heuschreckenjahr gegeben. "Sobald es kühler wird, werden auch die Heuschrecken weniger."

Behörden schrecken vor "chemischer Keule" zurück

Lemoux rät den Bauern, ihre Ernten schnellstmöglich einzubringen. Vor allem bei den Luzernefeldern (Sichelklee) dürfe man nicht warten. Die Kammer hilft derweil bei der Suche nach einem geeigneten Insektengift. "Wir müssen ein Produkt finden, das für die Heuschrecken tödlich ist, aber gegen das andere Insekten wie vor allem die Bienen resistent sind", erklärt die Kammer. Auch das Vieh darf nicht über verseuchtes Futter gefährdet werden.

"Es ist schon zu spät, gegen die Larven vorzugehen", sagt Bernard Maritan vom Bauernverband FNSEA. Die erwachsenen Insekten sind aber schwerer zu bekämpfen. "Die derzeit genutzten Insektizide sind ein Umweltrisiko", warnt das Internationale Zentrum für Agrarentwicklungsforschung CIRAD.

Die Behörden schrecken daher vor dem Großeinsatz der "chemischen Keule" noch zurück. Sie versuchen erst einmal, mit Testreihen ein geeignetes Mittel ohne große Nebenrisiken zu finden. Und sie hoffen auf eine Abkühlung und Regen. Doch die Bauern im Südaveyron sind skeptisch: Seit drei Jahren herrscht hier schon Dürre. Wegen des Wassermangels dürfen die Bauern ihre Luzernefelder schon längst nicht mehr wässern. Und die Sommer werden immer heißer.

Hans-Hermann Nikolei, DPA

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