Bei ihren Vorträgen rund um den Globus stellt sie sich gern mit einem markerschütternden Schrei vor. Es ist der kehlige Laut, mit dem Schimpansen untereinander Kontakt halten. Und die Affenforscherin Jane Goodall beherrscht die Schimpansensprache wie sonst nur Dr. Dolittle. Nun feiert die Britin ihren 70. Geburtstag.
Als sie 1957 nach Afrika kam, war sie eine 23 Jahre alte Sekretärin, die sich magisch von dem fremden Kontinent und dessen Tieren angezogen fühlte. In Tansania traf sie den Anthropologen Louis Leakey, der den fossilen Überresten der ersten Menschen auf der Spur war. Leakey wollte mehr über die Menschenaffen - die engsten Verwandten der frühen Menschen - wissen, und beauftragte Goodall mit dem Studium der Schimpansen.
Fachwelt hielt sie für völlig verrückt
Dass eine Sekretärin ohne Studium in den Urwald von Gombe am Tanganjika-See zog, um dort wilde Tiere zu beobachten, hielt die Fachwelt für völlig verrückt. Ihre Mutter Vanne begleitete die Tochter, weil das als sicherer und schicklicher galt.
Ihr erster Beitrag für die wissenschaftliche Zeitschrift "Nature" wurde ihr zurückgeschickt: Die Wörter "er" und "sie" für Schimpansen waren durchgestrichen und jeweils durch "es" ersetzt. Indem Jane Goodall die Schimpansen von Gombe als Individuen betrachtete, verstieß sie gegen alle Regeln. Doch das schreckte sie nicht. Sie näherte sich den Tieren, die bis dahin als gefährlich galten, hautnah. Später nannte man das "teilnehmende Beobachtung".
"Ich wollte nie Wissenschaftlerin sein"
"Ich war kein Wissenschaftler, ich wollte kein Wissenschaftler sein", erinnerte sie sich später. "Ich wollte etwas über Schimpansen wissen." Das Fehlen jeder Vorbildung habe ihr erst die neue Sicht auf die Menschenaffen ermöglicht. Als sie entdeckte, dass Schimpansen Werkzeuge anfertigen und benutzen, um beispielsweise Ameisen aus Baumstämmen herauszuholen, und als sie beschrieb, wie Schimpansen Steine als Waffen benutzen, legte sie den Grundstein zu wissenschaftlicher Anerkennung.
Leakey setzte durch, dass sie sogar ohne Studium an der Universität von Cambridge als Doktorandin zugelassen wurde und dort glanzvoll promovieren konnte. So wie ihre 1985 in Ruanda ermordete Kollegin Dian Fossey - deren Leben im Film "Gorillas im Nebel" dargestellt wurde - trug Goodall zu einem völlig neuen Bild der Frau als Forscherin bei.
Auch bei Schimpansen gibt es Lust, Liebe, Krieg und Mord
Goodall beschrieb erstmals die sozialen Kontakte und Hierarchien der Schimpansen. Sie entdeckte - zu ihrem Entsetzen - dass diese keineswegs glücklich und zufrieden im Wald lebten, sondern dass es unter ihnen neben Lust und Liebe auch Rache, Krieg und Mord gab.
Heute ist sie nur noch selten zu Besuch im Forschungszentrum in Gombe. "Es ist Zeit, dass ich etwas zurückzahle", sagt sie. Unermüdlich ist sie unterwegs, um Geld für die Rettung der letzten Schimpansen zu sammeln.