Die Hände erhoben, eine weiße Fahne schwenkend, kniend mit auf den Rücken gebundenen Händen, ängstliche und gespannte Gesichter - so sehen Kriegsgefangene aus. Nicht nur jene Iraker, die sich schon am zweiten Tag des Krieges ergeben. So sehen Kriegsgefangene rund um die Welt aus. Immer.
Für die siegreiche Seite können Gefangene sowohl eine Erleichterung als auch eine Belastung sein. Einerseits verringert sich die Zahl möglicher Gegner und lässt sich deren Kapitulation für Propaganda und Moral der eigenen Truppe bestens nutzen. Andererseits aber sind Kriegsgefangene auch eine Belastung für eine Armee. Vor allem, wenn diese wie derzeit die amerikanische im Irak daran interessiert ist, sich schnell im Feindesland voranzubewegen.
Behandlung eindeutig geregelt
Die Behandlung von Kriegsgefangenen ist ziemlich eindeutig geregelt. 1907 wurde in der Haager Landkriegsordnung festgelegt, was mit die Sieger mit ihren Gefangenen tun dürfen und müssen. Der Geist dieses Vertrages wird in Artikel 4 ausgedrückt: «Sie sollen mit Menschlichkeit behandelt werden.» 1929 wurde dies durch eine Genfer Konvention ergänzt («Vergeltungsmaßnahmen an ihnen auszuüben, ist verboten») und im August 1949 wurde die derzeit gültige Genfer Konvention über die Behandlung von Kriegsgefangenen beschlossen.
Die wesentlichen Punkte sind: Wer Gefangene nimmt, muss diese menschlich behandeln - weder Gewalt noch Erniedrigung sind erlaubt. Und er muss für sie sorgen: Kriegsgefangene haben beispielsweise Anspruch auf den Umständen angemessene Unterkunft und Ernährung, auf Kleidung und medizinische Behandlung, auf religiöse Betreuung und darauf, dass ihre Existenz ordentlich registriert wird.
Große Last für den Sieger
Kriegsgefangene können zu einer großen Last für den Sieger werden. Die Preußen lernten das schon ganz ohne völkerrechtliche Regelung 1870, als sie für 350 000 französische Gefangene sorgen mussten und deren Zahl weiterhin wuchs. Im Golfkrieg von 1991 wurde die Kriegsgefangenen-Frage innerhalb kurzer Zeit weitgehend geregelt: Rund 70 000 Iraker wurden unter Aufsicht des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) heimgebracht, 5000 Kuwaiter sowie 4299 Gefangene der Siegermächte (USA, Großbritannien, Kuwait, Italien und Saudi-Arabien) kamen in der anderen Richtung frei. Aber noch immer gelten beispielsweise 572 Kuwaiter als «vermisst».
Manchmal freilich werden Kriegsgefangene auch zur Geisel der Politik. Von 1980 bis 1988 dauerte der Golfkrieg zwischen Irak und Iran. Aber erst in diesem Monat - 15 Jahre später - einigten sich Bagdad und Teheran erneut auf einen Gefangenenaustausch, nachdem im Laufe der Jahre schon insgesamt 97 000 Gefangene heimdurften. 941 Iraker und 349 Iraner kommen jetzt frei. Aber immer noch gibt es Gefangene.
Millionen deutsche Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg wurden elf Millionen deutsche Soldaten gefangen genommen. Mehr als eine Million kam in russischer Gefangenschaft um. Erst elf Jahre nach Kriegsende enrreichte Konrad Adenauer die Freilassung der letzten deutschen Gefangenen durch Moskau.
Die Frage, wer Kriegsgefangener ist, ist zwar sehr ausführlich in der Konvention von 1949 geregelt (auch Kriegsreporter fallen übrigens darunter), in der Praxis aber immer wieder umstritten. Irak hat lange Zeit versucht, die gefangenen Iraner als «gewöhnliche Verbrecher» zu behandeln. Und die USA haben ungeachtet internationaler Kritik behauptet, es handele sich bei den in Afghanistan gefangenen Menschen, die wegen angeblicher Tätigkeit für Al-Kaida in ein US-Militärlager auf Guantanamo gebracht wurden, nicht um Kriegsgefangene. Dies wird damit begründet, dass sie nicht für einen Staat, sondern für Osama Bin Laden tätig gewesen seien.