Der von Bewaffneten entführte libysche Regierungschef Ali Seidan ist wieder frei. Das bestätigte ein Mitarbeiter seines Büros der Nachrichtenagentur DPA. Den Angaben zufolge wurde Seidan von einer Brigade ehemaliger Revolutionäre "befreit". Ob dabei Gewalt eingesetzt wurde, blieb zunächst unklar. Der Regierungschef soll unverletzt sein.
Die libysche Nachrichtenagentur Al-Tadhamun berichtete unter Berufung auf das Sicherheitskomitee von Tripolis, ehemalige Revolutionäre hätten sich für Seidans "Freilassung" eingesetzt. Der 62-Jährige war am frühen Morgen aus einem Hotel in der Innenstadt von Tripolis verschleppt worden. Die Entführer hatten zunächst versucht, die Verschleppung des Regierungschefs als "Festnahme" zu verkaufen. Die Aktion war selbst von Libyern, die nicht mit dem islamistischen Terrornetz sympathisieren, als Verletzung der staatlichen Souveränität kritisiert worden.
Soldaten warten auf ihren Sold
"Wenn es das Ziel dieser Entführung war, mich zum Rücktritt zu bewegen, dann kann ich dazu nur sagen, dass ich nicht zurücktreten werde. Wir kommen nur langsam voran, aber wir sind auf dem richtigen Weg", schrieb Seidan im Kurznachrichtendienst "Twitter".
Nach seiner Wahl zum Regierungschef vor einem Jahr hatte Seidan den Aufbau einer neuen Armee als Priorität genannt. Doch bisher kommt die Neustrukturierung der Streitkräfte und auch der Polizei nur langsam voran. Am Montag besetzten dutzende Soldaten den Amtssitz von Seidan, um die Auszahlung ausstehender Löhne zu fordern. Medienangaben zufolge warten sie seit Monaten vergeblich auf ihre Bezahlung.
Terrorverdächtiger verschwunden
Nach dem Verschwinden des mutmaßlichen Terroristen Abu Anas al-Libi hatte es in Bengasi eine Protestaktion radikaler Islamisten gegeben. Einige der Milizen, die sich 2011 während der Kämpfe gegen Gaddafis Truppen gebildet hatten, äußerten ihren Unmut darüber, dass Ausländer mitten in der Hauptstadt einen libyschen Staatsbürger verschleppen können. Die Regierung hatte nach dem Vorfall die US-Botschafterin einbestellt, gleichzeitig aber betont, man hoffe weiterhin auf gute Beziehungen zu Washington.
Seit dem Sturz und Tod Gaddafis im Oktober 2011 kommt Libyen nicht zur Ruhe. Zahlreiche frühere Rebellenmilizen weigern sich, ihre Waffen abzugeben, und versuchen mit Gewalt, ihren Forderungen Gehör zu verschaffen. Wiederholt belagerten bewaffnete Demonstranten Behörden, Ministerien und das Parlament. Zudem liefern sich die Milizen sowie rivalisierende Stämme immer wieder blutige Kämpfe.