Föderalismusreform II Die Stiefmutter aller Reformen

  • von Hans Peter Schütz
Die Föderalismusreform II soll das Ende der Verschuldungspolitik in Deutschland einläuten. Was die Vorsitzenden Günther Oettinger und Peter Struck präsentieren, ist jedoch weniger die erhoffte "Mutter aller Reformen", sondern wage Versprechen und schwammige Neuregelungen.

Was die "Mutter aller Reformen", wie Edmund Stoiber das wichtigste Projekt der Großen Koalition einmal rühmte, leisten soll, ist klar. Die Bundesrepublik sollte mit der Föderalismusreform II endlich runtergeholt werden von einer hemmungslosen Verschuldungspolitik. Aufgehalten werden beim rigorosen Marsch in den Schuldenstaat, der künftigen Generationen Lebens- und Gestaltungschancen raubt. Zukunftsfähig und generationengerecht sollte das Land werden. Die öffentlichen Haushalte sind zurzeit mit 1,6 Billionen verschuldet. Jeder Bundesbürger ist damit mit 18.336 Euro belastet; 40 Milliarden Euro kostet der jährliche Schuldendienst.

Begonnen hat das ganze Elend des Lebens auf Pump unter der Großen Koalition in den 60er Jahren. Es nach 43 Jahren endlich beenden zu wollen, hat uns die zweite Große Koalition versprochen. Sehr weit über das vage Versprechen hinaus reichen allerdings die "Eckpunkte" nicht, die jetzt vom SPD-Fraktionschef Struck und vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Oettinger nach längerem Gerangel präsentiert worden sind. Der verräterische Schlüsselsatz ihrer Vorschläge lautet: "Alles hängt mit allem zusammen; nichts ist verabredet, solange nicht alles verabredet ist."

Gegen- statt miteinander

Kurz gesagt: Genaues erfährt man nicht. Reichlich eingesetzt werden Arbeitsgruppen, die Vorschläge machen sollen. Alles wird zunächst mal verschoben bis nach der bayerischen Landtagswahl. Wenn überhaupt, wird es zum Jahresende Gesetzentwürfe für die Neuordnung der Finanzbeziehungen geben. Offen natürlich, was dann mit der gebotenen Zweidrittelmehrheit nächstes Jahr verabschiedet wird. Wahlkampf ist dann. Dann geht es in der Großen Koalition, in der heute schon nur noch wenig miteinander läuft, nur noch gegeneinander.

Zur Stunde haben sich Struck und Oettinger gerade mal auf ein Fitzelchen des Gesamtproblems verständigt. Haushalte ohne neue Schulden sollen zum Regelfall werden, ein striktes Neuverschuldungsverbot ist aber nicht vorgesehen. Wie viel Neuverschuldung erlaubt wird, ist offen, soll aber im Bereich von 0,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung fixiert werden. Da bleibt also ein bequemes Schlupfloch für neue Schulden erhalten. Da können neue Milliarden durchgeschmuggelt werden. Für so chronische Schuldenmacher wie die Bundesländer Saarland, Bremen und Schleswig-Holstein wird ein Fonds mit dem Gesamtvolumen 1,0 bis 1,2 Milliarden Euro eingerichtet (von Bund und Ländern je zur Hälfte zu finanzieren), um deren Zinszahlungen in der Spitze zu verringern.

Schuldenberg hemmt das Wachstum

Das ist es im Augenblick schon. Kein klares Neuverschuldungsverbot. Von einer Vereinbarung des Altschuldenabbaus keine Spur, das Thema ist erst einmal auf Jahre hinaus vertagt. Noch nicht entscheidungsreif sei das Problem, wird lakonisch mitgeteilt. Dabei hemmt der aufgelaufene Schuldenberg das Wirtschaftswachstum erheblich.

Von einem reformerischen Meilenstein für modernes Regieren kann daher bislang keine Rede sein. Ungewiss, wie die künftigen Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern künftig aussehen. Völlig ungeklärt, ob die Länder endlich auch eine Gestaltungshoheit bei den Steuern bekommen. Nur dann könnte ein echter Wettbewerb unter den Ländern entstehen, man denke etwa an die Forderung der FDP, die Erbschaftssteuer oder die Grunderwerbssteuer zur Ländersache zu machen. Wo der reformerische Wille dergestalt schwach daherkommt, steht zu befürchten, dass die Koalition bald wieder politischen Kurs auf Steuergeschenke auf Pump nimmt anstatt zu sparen. Es sei denn, dass die FDP sich stramm querlegt. Denn ihre Stimmen im Bundestag und im Bundesrat werden von der Großen Koalition bei diesem Projekt zur Verfassungsänderung gebraucht.