Hans-Martin Tillack Hasst Siemens Journalisten?

Siemens habe vor allem deshalb Probleme, weil man in der Firma "die Presse nicht mag", schreibt heute die Financial Times in ihrer englischen Ausgabe. Da ist einiges dran. Egal ob in der Krise um den Verkauf der Handy-Sparte an BenQ, oder bei der geplanten Gehaltserhöhung für die Vorstände oder jetzt in dem Skandal um mutmaßlich verbreitete Korruption und schwarze Kassen - stets habe Siemens die Sache durch falsche oder fehlende öffentliche Reaktion schlimmer gemacht, schreibt heute Richard Milne in "European View" in der FT.

Da ist was dran. Bevor wir im September 2005, also vor gut einem Jahr, im stern eine große Geschichte über Bestechungsvorwürfe bei Siemens veröffentlichten, schickte ich etwa ein dutzend Fragenkatalaloge an Siemens-Manager wie Heinrich von Pierer, Klaus Kleinfeld und allein zwei Listen mit einmal 45 und einmal 15 konkreten Fragen an die Siemens-Pressestelle.

Als Antwort erhielt ich ein paar eher vage mündliche Auskünfte vom Pressesprecher. Auf den Vorhalt, das wirke wie Abblocken, antwortete er, bei Siemens hätten sie es als unpassend empfunden, dass wir einen schriftlichen Fragenkatalog geschickt hätten. Das habe die Bereitschaft zur Kooperation gemindert.
"Warum?", fragte ich. Antwort: "Weil das unüblich ist".

Dass Siemens seit Jahren auf Korruptionsvorwürfe oft nur vage reagiert (oder auch schon mal einen Ex-Manager einen Beratervertrag anbietet und ihn so davon überzeugt, seine Korruptionsvorwürfe nicht zu wiederholen), hat aber natürlich auch noch einen anderen möglichen Grund. Vielleicht wußte man an der Konzernspitze seit Jahren, dass die Geschäftspraktiken des Konglomerats die öffentliche Diskussion nicht vertragen.

Oder aber es fiel von Pierer und Kleinfeld schlicht nicht auf, dass 420 Millionen Euro in dubiose Kanäle flossen. Eigentlich komisch, dass keiner die Bundeskanzlerin fragt, aufgrund welcher Qualifikation von Pierer immer noch als ihr Berater geeignet ist.