Bispingen-Sölden Vom Gefrierfach zum Gletscher

Skihallen sollen den Appetit auf echte Berge wecken. Inspiriert von den Postern im Kunstschneekühlschrank, bricht man ins Ötztal auf. Die "Big 3" führt auf drei Dreitausender und katapultiert einen weit über dem Abgrund.

Bispingen - eine Stunde hinter Hamburg - 33 Höhenmeter - 300 Meter Streckenlänge. Die norddeutsche Tiefebene liegt da wie ausgespuckt. Kein Himmel, keine Sonne, nur Matsch und ein leerer Parkplatz. Das Highlight des norddeutschen Alpinismus "Snowdome Bispingen". Um neun Uhr an einem müden Dienstag gähnen Parkplatz und Empfang vor sich hin. Aber Vorsicht: An einem Samstag soll es in der Halle keine Leihski mehr geben, so voll wird es.

Vor allem ist es kalt - bitterkalt. Obwohl diese Halle doch wärmer sein soll, als die anderen Anlagen. Der Schnee wirkt gefrostet. Wie Gefrierbrand aus der Truhe. Laufen lässt es sich dennoch. Die Neigung der Halle bleibt bescheiden. Coole Sprünge scheiten am Nuckel-Tempo. Das muss auch der Boarder vom Typ "Teenage Jesus" erkennen, im Schritttempo jumpt er auf die Rinne, ab anstatt satt weiter zu grinden, ein Wackeln und Jesus kippt in Zeitlupe hinter runter. Beim nächsten Mal mit mehr Gefühl. Alle halbwegs erfahrenen Skifahrer sollte das Ganze mehr als Riesengaudi betrachten. Rauf und runter - und über die Hügel in der Funpark-Zone. Zum Aufwärmen vor dem Start in den Winter reicht es. Auch wenn man unbedingt darauf brennt, dass neue Board zu benutzen, kann ein Ausflug nicht schaden.

Mehr Gaudi als Sport

Anderen ist die Halle offenbar noch viel zu steil. Sie fahren die Bahn im weitestmöglichen Zick-Zick herunter, um bloß das Mörder-Tempo zu reduzieren. Mancher verpasst die Kurve und bleibt hilflos an der Betonwand kleben. Ein Anfängereldorado. Hier lacht keiner, die meisten fahren nicht besser. Für sie gibt es hier mitten in Niedersachsen Original-Tiroler Skilehrer. Kurse und Einzelunterricht sind offenbar beliebt. Nach einer Stunde Hallenschnee ist man reif für die ebenso Original-Tiroler Frühstücksmahlzeit. Nettes Detail: Die Zeituhr für die Piste wird eingefroren, sobald man das "Skigebiet" verlässt. Zwei Stunden kosten weniger als zwanzig Euro, da mag man sich nicht beklagen. Dann reicht es nämlich auch mit Rauf und Runter, es sei, man will hier das Skifahren lernen. Ein letzter Blick zurück, eine grandiose Landschaft findet auf der Betonmauer statt: Schwarze Schneid, die großen Drei aus Sölden verheißen die hohe, weiße Welt. Das wäre auch eine Idee. Ein Ausflug nach Bispingen ist nicht mehr als ein Appetithäppchen.

Längere Anreise, längere Abfahrt

Eine Woche später: Sölden - zehn Stunden hinter Hamburg - 10.000 Höhenmeter und 50 Kilometer Abfahrt warten. Das Ötztal liegt da, als hätte es der Herrgott selbst gemalt. Blauer Himmel, strahlende Sonne, nur am Schnee drumherum hat er "heuer" etwas gespart. Auf den Pisten und auf dem Gletscher liegt der weiße Spaß, aber unten im Ort wirkt es doch das Betongrau doch ein wenig ernüchternd. Da können auch die nackigen Poster der Rodelhütte wenig ändern. Der Vergleich mit der Halle ist natürlich gemein, aber doch gesucht. Engagiert sich das Skigebiet in Sölden ganz absichtlich in den abfahrtsfreien Zonen Norddeutschlands. Hier soll der Appetit auf mehr geweckt werden. Und mehr gibt es in Sölden allemal. Hier reichen viele Lifte über die magische 3000-Meter-Marke. Aber drei Punkte bieten ein unvergleichliches Gipfelfeeling: der Gaislachkogel (3058 m), der Tiefenbachkogel (3309 m) und die Schwarze Schneid (3370 m). Dieses Trio bildet die "Big 3". Ein Name wie in der Marketingsabteilung ersonnen, was auch zutrifft.

Orte der Besinnung

Die "Big 3" sind ein Erlebnis vor allem für die Augen. Denn anstatt nur auf Beförderungskapazitäten zu achten, laden hier drei Panoramaplattformen zum Verweilen und zum Sehen ein. Die Tour über die "Big 3" ist ein Vergnügen für jedermann, der der Halle entwachsen ist. Auf keinen Fall eine Mutprobe wie die Freerideabfahrten am Montblanc, auf die sich nur ausgesuchte Urlauber wagen sollten. Von Liften gut erschlossen, muss man jedoch mindestens 10.000 Höhenmeter und 50 Kilometer Strecke wegstecken können. Die Abfahrten lassen sich durchweg im moderaten Tempo absolvieren. Wer es mag oder kann, kann natürlich auch die Kombination von "Schwarz" und "Kampflinie" wählen - der Wettkampf mit der Halle wird so oder so zu Gunsten des Originals entschieden.

An de Fixpunkten der Rallye warten atemraubende Aussichtsplattformen. In Sölden hat man bewusst Punkte zum Innehalten und zum Naturerlebnis geschaffen. Hier oben zeigen sich die Ötztaler Alpen ganz anders als unten in Sölden. Dort fühlen sich vor allem die Urlauber wohl, die mehr als einen guten Schluck vertragen und abends eine Dauerparty erwarten. Gehört Sölden doch zu den Skiorten mit dem abwechslungsreichsten Table-Dance-Angebot.

Das Nachtleben mag sein, wie es will, die aufregendste Plattform sticht neben der Bergstation beim Tiefenbachkogel 25 Meter hinaus ins Unendliche. Ein schmales Band schwebt von zwei Stahlseilen gehalten über dem Abgrund. Der Boden des Stegs ist vom Schnee bdeckt, die Seitenwände sind aus Acrylglas. Nichts trennt einen hier vom ewigen Eis. Mit dem Blick auf die Wildspitze schwebt man scheinbar im freien Raum. Das Wandgemälde in Bispingen hat nicht zu viel versprochen.

Kontakt und Angebote zum Saisonende

Package “Gletscher Festival Sölden” (27.04. bis 01.05) zum World Pyro Award "die Ötztaler Alpen glühen". Mit Funprogramm, Party, Skirennen etc. und Ski- und Snowboardttest. Übernachtung incl. Skipass von 248 bis 412 Euro.

Package

"Skifinish 2007"

: (19.04. - 22.04): Ein Wochende für Sonnenfreunde mit Partyprogramm. Mit Unterkunft und Skipass ab 144 Euro

"Hannibal Gletscherschauspiel"

: (13.04) Tänzer, Flieger, Skiläufer und Pistenbullys inszenieren die legendäre Alpenüberquerung als opulentes Spektakel auf Rettenbach Gletscher. Preise: Erwachsene 33 Euro, Kinder und Jugendliche 20 Euro

Ötztal Tourismus - Sölden

A-6450 Sölden
Tel. +43/5254/5100
Fax +43/5254/510-201

SNOW DOME Sölden in Bispingen

Horstfeldweg 9
29646 Bispingen
Tel.: 05194 / 4311 - 0
Fax: 05194 / 4311 - 111

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