Den Rettern bietet sich bei strahlendem Sonnenschein ein Bild des Grauens. Überall auf dem felsigen Grund im Tiroler Ötztal liegen Trümmerteile und Tote. Neun Menschen kommen an diesem 5. September 2005 bei dem Seilbahnunglück ums Leben: eine Frau, zwei Männer, vier Mädchen und zwei Jungen im Alter von zwölf und 14 Jahren. Nur wenige Stunden nach der Unglücksmeldung ist klar: Die Opfer kommen alle aus Deutschland – aus Bayern und Baden-Württemberg.
Die Gruppe hält sich zum Sommertraining ihres Skiclubs in den Tiroler Bergen auf. An diesem Montag nehmen sie die Seilbahn auf die 3309 Meter hohe Schwarze Schneid am Tiefenbachferner oberhalb von Sölden. Doch dort oben kommen sie nie an. Augenzeugen berichten später, dass ein Hubschrauber an diesem Tag mehrmals sehr niedrig über die Seilbahn hinwegfliegt.
Seilbahnunglück von Sölden tötet neun Menschen, darunter sechs Kinder
Dann das Unglück: Gegen 13 Uhr verliert der Hubschrauber aufgrund eines technischen Defekts einen 750 Kilogramm schweren Betonkübel. Dieser stürzt rund 200 Meter in die Tiefe und trifft direkt eine Gondel. Sie wird in die Tiefe gerissen und stürzt etwa 50 Meter ab. Drei der fünf Insassen sterben sofort, die beiden anderen werden schwer verletzt. Die Wucht des Aufpralls versetzt das Seil so stark in Schwingung, dass auch die vordere Gondel, in der sich acht Menschen befinden, erschüttert wird. Sechs von ihnen werden aus der Kabine geschleudert – für sie kommt jede Hilfe zu spät. Einer der Toten ist der Vater des damals erst elf Jahre alten Ski-Stars Thomas Dreßen. Auch der Bruder von Skirennläufer David Ketterer stirbt bei dem Unglück.

Sieben weitere Menschen werden zum Teil schwer verletzt. Sie kommen in die Kliniken nach Innsbruck und Zams. Zwölf Rettungshubschrauber, 60 Sanitäter und sechs Notärzte sind an diesem Tag im Einsatz.
Pilot erhält Bewährungsstrafe
Der Pilot wird im Juni 2006 wegen fahrlässiger Gemeingefährdung in erster Instanz zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten zur Bewährung verurteilt. Ein halbes Jahr später meldet das Hubschrauber-Unternehmen Konkurs an. Es wird bis heute unter dem Namen Heli Austria weitergeführt.

Im Februar 2007 entscheidet ein Innsbrucker Zivilgericht, dass die Ötztaler Gletscherbahnen für das Seilbahnunglück haften muss. Der Betreiber der Bahn sei zu einer jährlichen Zahlung bis zu einer Höchstgrenze von 48.000 Euro und einem Gesamtbetrag von 800.000 Euro an die Kläger, eine Witwe und vier hinterbliebene Kinder aus Bayern, verpflichtet, heißt es.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Seilbahn Schauplatz eines Unfalls wird. Ein Jahr zuvor, am 14. November, hatte sich das Steuerseil der Bahn mit einer leeren, talwärts fahrenden Gondel verfangen. Eine Kabine war daraufhin abgestürzt. In der Folge mussten 113 Fahrgäste, darunter viele Deutsche, in etwa 50 Metern bei starkem Frost mehrere Stunden in ihren Gondeln warten, bis sie abgeseilt werden konnten. Zwei Mitarbeiter der Bahn wurden später vom Dienst suspendiert.
Quellen: SRF Schweizer Radio und Fernsehen, NTV, DPA