Am Anfang gab's nur Minen. Als vor über 140 Jahren die ersten Siedler in Jerome, Arizona, eintrafen, beschäftigten sie sich erst einmal damit, die hiesigen Berge umzupflügen.15.000 Bergleute schufteten zur Jahrhundertwende in dem Bergdorf, das in einer Höhe von 1600 Meter an einen Hügel klebt, ganz so, als hätte es Carl Barks für einen Cartoon mit Dagobert Duck dahin gemalt. Mit dem Bergbau kamen unzählige Bergrutsche - die wie Schweizer Käse durchlöcherten Berge brachen einfach durch - und Feuersbrünste, die von den brutalen Sprengungen verursacht wurden. Doch zwischen den alltäglichen Katastrophen wussten die "miners", wo und wie sie Spaß haben konnten: Über ein Dutzend Bordelle kümmerten sich um die Jahrhundertwende um das leibliche Wohl der Bergleute, in der Hochzeit Jeromes gab es fast 100 Saloons, Opiumhöhlen, Puffs und tatsächlich auch anständige Restaurants.
Schlafen und Essen
Hotels/Bed&Breakfasts:
Jerome Grand Hotel, Tel (928) 634-8200, DZ ab US$110
Ghost City Inn, Tel (928) 634-4678, DZ ab US$ 120 Surgeon's House, Tel (928) 639 1452
Restaurants
Haunted Hamburger, Tel. (928) 634-0554 The Asylum, im Grand Hotel, Tel (928) 639-3197
Doch 1953 schloss die Phelps Dodge Mine, Jeromes letzte Kupfermine, und das einstmals so blühende und raue Bergnest, wurde von einem Tag auf den anderen zur Geisterstadt. Im wahrsten Sinne des Wortes. "Viele glauben, dass es hier tatsächlich spukt", grinst Chuck Harris, örtlicher Gesetzeshüter, der schon zweimal pensioniert und zweimal wieder in den Job zurückberufen worden ist. Belgian Jenny, eine berüchtigte Puff-Mutter, soll als Geist die gleichnamige Pizzeria heimsuchen; Sammy, eine im Jahr 1931 ermordete Nutte treibt sich der Legende nach heulend im Ghost City Hotel rum - Geister-Geschichten, die den Umsatz der beiden Etablissements heutzutage erheblich steigern.
Invasion der Hippies
Nachdem die Kumpels die Stadt verlassen hatten, eroberte ein anderes Völkchen Jerome: die Hippies. Sie setzten sich in den heruntergekommenen Häusern fest - frühe Versionen heutiger Hausbesetzer - und manche von ihnen wurden tatsächlich zu Grundbesitzern. "Hier konntest du noch 1963 ein Haus für 50 Dollar kaufen", sagt Sheriff Chuck. "Bis in die 80er Jahre kostete hier ein nettes Häuschen nur 99 Dollar Jahresmiete - inklusive Garten und Treppe!"
Die Treppen sind wichtig in Jerome, damals wie heute, denn wer durch den Ort spazieren will muss gute Beinmuskulatur und eine starke Lunge mitbringen. Die Stufen führen fast zwangsläufig in eine der zahllosen Kunstgalerien. Mehr als vierzig Galerien, die fast alles verkaufen von Kitsch bis Federschmuck, belegen die winzige Innenstadt, die heute noch so aussieht, als würde Gary Cooper gleich ums Eck reiten. Den Rest des örtlichen Kommerzes bestreiten kleine Bed&Breakfasts, Saloons und das große Jerome Grand Hotel. untergebracht ist es im ehemaligen Hospital der Stadt und neben einem Aufzug aus dem Jahr 1923 beherbergt es auf Zimmer 32 den Geist eines hier verstorbenen Revolverhelden.
Wo selbst die Buletten spuken
Mit den Hippies kamen auch die Biker, und manchmal sind sich die Einheimischen nicht sicher, "...ob wir ein Hippie-Nest mit einem Biker-Problem sind oder ein Biker-Nest mit einem Hippie-Problem", sagt Feuerwehr-Hauptmann Rusty Blair. Nun, die Biker sind älter geworden, die Harleys moderner, die Hippies verkaufen inzwischen Indianerschmuck, und Bob Peterson, lokaler Poet und Vorzeige-Kauz, kutschiert mit seinen Gäulen Babe und Barney die Touristen durch die Dorfstrassen. "Bob ist der einzige Mensch, den ich kenne", lacht Chuck Harris, "der seine Kutsche parallel parkt, indem er Babe und Barney den Four-Step tanzen lässt."
Ganze 450 Einwohner zählt Jerome heute, und alle leben vom Tourismus. Dass die Zeiten sich geändert haben, beweist die Tatsache, dass die renommierte US-Weinbibel "Wine Spectator" die Weinkarte einer Kneipe namens "Asylum" lobend erwähnte, was zur Folge hat, dass der Laden heute als lokaler Gourmet-Tempel durchgeht. Die beste Aussicht hat man jedoch im "Haunted Hamburger", in dem wahrscheinlich selbst die Buletten spuken. Wer in Arizona einen kleinen Umweg über Preston nach Sedona macht, findet das Dorf knapp 120 Kilometer nordwestlich von Phoenix, und der Abstecher ist eine Übernachtung wert.