Das Wasser sieht klar aus. Und doch ist es anders. Ist es wirklich Wasser? Zum ersten Mal stehe ich am Ufer des Toten Meeres, eine Autostunde von Amman entfernt. Am Grund kann ich Salzkristalle erkennen, spitze Kieselsteine. Auch den grauen Schlamm, für den die Region so bekannt ist. Vorsichtig gehe ich in die warme Salzlauge, beuge ich mich herab und lasse meinen Körper nach hinten weggleiten.
Tatsächlich, es funktioniert: Wie auf einer Luftmatratze treibe ich durch das Wasser, schwerelos. Mit den Händen kann ich die Richtung steuern: links, rechts, geradeaus. Will ich wieder in die Senkrechte, muss ich einfach aufstehen. Ich kann aber auch liegen bleiben. Alles ist möglich.
In der salzigen Badewanne
Das Tote Meer markiert einen besonderen Punkt auf der Weltkarte: Kein Ort liegt tiefer. Kaum ein Seewasser ist salzhaltiger. Und es gibt noch ein paar Dinge, die man erahnen kann, bevor man sie spürt: Hier, gut 400 Meter unterhalb des Meeresspiegels, brennt die Sonne noch ein wenig heißer. Die Luft scheint ein wenig dicker zu sein, und doch hat man in der Regel einen fabelhaften Blick auf die Felsen gegenüber in Israel und im Westjordanland.
Dass diese Idylle bedroht ist, weiß mittlerweile fast jeder Nahost-Tourist. Man kann es sehen, wenn man sich der Senke von Amman in Jordanien nähert: Jedes Jahr sackt der Wasserspiegel in etwa einen Meter ab. Der Wassermangel wird ausgelöst durch Kanäle, die das Wasser aus dem Jordan abzweigen. An manchen Stellen fällt das Ufer mittlerweile steil ab. Hier sieht es aus, als hätte jemand den Stöpsel aus der Badewanne gezogen. Es gibt Wissenschaftler, die dieser einzigartigen Region noch etwa 60 bis 70 Jahre geben - wenn nicht bald etwas passiert. Noch gibt es das Tote Meer, noch bringen Touristen Devisen in die Anrainerländer.
Noch ein Tipp: Das scheinbar so klare Nass des Toten Meeres brennt wie Feuer, wenn man es in die Augen bekommt. Meine Taucherbrille ist undicht, sodass einige Tropfen direkt auf meine Augäpfel rinnen können. Reflexartig kneife ich die Lider zu, im Blindflug verlasse ich das Meer - und achte kaum auf all die spitzen Steine und Kristalle, die sich in meine Fußsohlen bohren. Aber am Strand stehen rettende Duschen, und ich schöpfe das Süßwasser mit vollen Händen in mein Gesicht. Nach einigen Sekunden ist mein Blick wieder klar. Zeit, um noch eine Runde schweben zu gehen.