Treffen sich zwei Passagiere in der Warteschlange am Flughafen. Der eine ist Umsteiger aus Übersee und hat einen Whisky aus dem Duty-free-Laden dabei. Er wird durchgewunken. Der zweite hat seine eigene Flasche Wasser mitgebracht - und muss sie wegwerfen. "Was soll das? Wieso darf der seine Flasche mitnehmen und ich nicht?", beschwert er sich. Ein Streit bricht los.
Geht es nach den Plänen der EU-Kommission, könnte dieses Szenario ab April 2010 Alltag werden an europäischen Flughäfen. Dann läuft das nach Terrorwarnungen 2006 eingeführte Verbot für Flüssigkeiten im Handgepäck aus.
Das Warten auf die Scanner
Weil die Entwicklung verlässlicher Scanner für gefährliche Flüssigkeiten noch Jahre braucht, will EU-Verkehrskommissar Antonio Tajani das Verbot aber nur stufenweise lockern: Ab April 2010 sollen Umsteiger aus sicheren Drittstaaten mit Flaschen aus dem Duty-free stichprobenweise kontrolliert werden. Bis April 2012 sollen die Scanner so weit sein, dass alle Großflughäfen ab zehn Millionen Passagieren sie installieren und alle Flüssigkeitsbeschränkungen abschaffen können. Von April 2014 an müssten dann alle Flughäfen die Scanner haben.
Gefahr im Gepäck
Terror: Seit 2006 dürfen Fluggäste in der Europäischen Union Flüssigkeiten nur in Fläschchen mit bis zu 100 Milliliter Inhalt im Handgepäck an Bord nehmen - abgepackt in einer durchsichtigen Tüte. Auslöser waren Pläne von Terroristen, mit Flüssigsprengstoff im Handgepäck Anschläge auf Flugzeuge zu verüben.
Kontrolle: Ähnliche Bestimmungen gelten in den Vereinigten Staaten. Die Wartezeiten sind dadurch länger geworden, im Schnitt schaffen es ein Viertel weniger Passagiere pro Stunde durch die Sicherheitskontrolle.
"Wir sind sehr entschlossen, diese unangenehmen Kontrollen loszuwerden", kündigte Tajani kürzlich bei einem Treffen der EU-Verkehrsminister an. "Ziel ist, das Reisen bequemer zu machen." An diesem Donnerstag berät ein Expertenrat der Regierungen über seine Pläne. Einige Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, sind alarmiert über den Vorstoß des Italieners. Sie fürchten Sicherheitslücken und Chaos an den Flughäfen.
Beunruhigt sind besonders die Airportbetreiber
Beunruhigt sind besonders die Airportbetreiber. Fällt das Flüssigkeitsverbot 2012 nur an großen Drehscheiben, würden Passagiere auf kleinen Flughäfen diskriminiert, sagt Jens Gieseke, Leiter des Flughafenverbands ADV: "Wenn ein Fluggast von einem Hub an einen Regionalflughafen und zurück fliegt, darf er auf dem Hinweg Flüssigkeiten in unbegrenzter Menge mitnehmen, auf dem Rückweg aber nicht. Dies ist mit logischen Argumenten nicht zu vermitteln."
Die Betreiber wollen die EU-Regeln aufgehoben sehen, wenn die Flüssigkeitsscanner reif sind für den flächendeckenden Einsatz. Bei einem Preis von 300.000 Euro pro Gerät halten sie es für sinnlos, an den Hubs schon 2012 Pioniergeräte aufzustellen, die häufig Fehlalarm auslösen und zwei Jahre später durch bessere ersetzt werden müssten.
Doch Hersteller solcher Scanner wie Rapiscan, Reveal Imaging und Smiths wittern ein großes Geschäft. Und das EU-Parlament drückt aufs Tempo: Der britische Labour-Abgeordnete Brian Simpson, Vorsitzender des Verkehrsausschusses, pocht auf den Einsatz der Geräte ab 2013. "In den USA sollen die Scanner ja schon 2011 marktreif sein", sagte er. Das Parlament hat zwar kein Mitspracherecht in der Sache, könnte einen Beschluss der Mitgliedsstaaten aber durch ein Veto stoppen.