Golf-Tagebuch, Teil 4 In Trance zum Par

Von Klaus Bellstedt, Bad Saarow
Da stellen wir uns mal ganz dumm: In der Technikschule lernt man Golf mit Strategie zu spielen
Da stellen wir uns mal ganz dumm: In der Technikschule lernt man Golf mit Strategie zu spielen
© Colourbox.de
Auch das noch: Unser Sportredakteur hat sich einen Tag vor der Golf-Prüfung eine Zerrung im Rücken zugezogen. Ist das sein Aus?

Wenn man die theoretische Führerschein-Prüfung besteht, aber durch den praktischen Teil mit Pauken und Trompeten durchrasselt, darf man nicht Autofahren. So einfach ist das. Warum also soll das beim Golfen anders sein? Insofern hilft es nichts, sich auf den Lorbeeren des gestrigen Tages auszuruhen. Der Schwung muss sitzen, das ist das Entscheidende! Trainer Steffen hat für den heutigen Tag zunächst eine zweistündige Technikschulung auf der Driving Range angesetzt. Während die gern und viel plaudernden Ladys (mal wieder) zu spät kommen, klotzen wir drei Männer schon wieder richtig ran. Pascal aus Essen ist sogar schon seit einer Stunde am Üben, Joseph sagt dauernd Sätze wie "Ich weiß nicht, ob das noch mein Sport wird", und ich horche seit dem Aufwachen in meinen Körper rein.

Es zwickt im Rücken. Ja, das tut es, ohne Frage. Das kann nicht sein. Und das einen Tag vor der Prüfung um Leben und Tod. Ereilt mich etwa das Schicksal der armen Petra? Nein, ganz so schlimm scheint die Sache nicht. Der Coach diagnostiziert mit sicherem Griff eine Muskelzerrung bedingt durch meinen Brachialschwung. Aber was soll man jetzt machen? Aufgeben? Rumheulen? Fangopackung? Schwachsinn! Ich geh trotzdem mit auf die Runde, heute wird gebissen. Steffen treibt mich an. Auch wenn mittlerweile jeder Schritt schmerzt, ich darf jetzt nicht aufgeben. Sie denken sicher, der Kerl hat endlich eine Ausrede gefunden, sollte er durch die Platzreifeprüfung fallen. Dann denken Sie's halt.

Innerliche Becker-Faust

Erstmals gehen wir heute in gemischten Flights an den Start. Ich spiele die Runde mit Katharina. Sie ist Reisejournalistin, spricht leichtes Hessisch, wohnt aber in München. Mit dabei auch wieder Kumpel Joseph, der die Sache innerlich schon abgehakt hat (s. o.). Vermute ich zumindest manchmal. Vielleicht ist es genau diese "Mir doch alles wurscht"-Einstellung, die ihn so bärenstark beginnen lässt. Und vielleicht ist es auch Katharinas ewiges "Ich muss mal"-Gefühl, das sie so solide abschlagen lässt. Meine präzisen Bälle entlang der Spielbahn (und eben nicht mehr ins Rough) schiebe ich sodann also auf meinen lädierten Rücken. Wir drei spielen vom ersten Loch an überraschenderweise recht ansehnliches Golf. Damit konnte man nicht unbedingt rechnen - wir selbst schon gar nicht.

Selbst der einsetzende englische Landregen kann dieses Trio-Infernale am heutigen, vorletzten Tag nicht stoppen. Eingehüllt in wetterfeste Kleidung spielen wir so, als ginge es bereits zum jetzigen Zeitpunkt um alles. Wann man sich selber loben dürfte, würde ich Ihnen von einem eingelochten 15-Meter-Monster-Putt erzählen, oder von einem gespielten Par an Loch 5. Zum ersten Mal überhaupt habe ich die vorgegebene Schlagzahl nicht übertroffen. Innerlich balle ich die Becker-Faust und sehe der Platzreifeprüfung erstmals etwas gelassener entgegen. Wohl wissend, dass das Ganze morgen schon wieder anders aussehen kann.

Taktisches Geplänkel

Jetzt bloß keine Frustration mehr erleben, den Erfolgsmoment irgendwie abspeichern und dieses besondere Gefühl verinnerlichen. Ich breche die Runde auch aus taktischen Gründen vorzeitig ab. Ach wenn doch bloß schon Freitag wäre, ich hätte das Ding vielleicht schon in der Tasche. Nun gut, ich werde trotz des schmerzenden Rückens locker bleiben und wenigstens einmal im Leben darauf vertrauen, dass der nächste Tag, der nächste Ball, ein guter Tag, ein guter Ball wird. Das Zittern geht weiter …

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