Was für ein trübes Wetter am Scharmützelsee. Der Sommer scheint endgültig vorbei. Ich hatte mir für den zweiten Tag bessere Bedingungen erhofft, aber es hilft ja nichts: Training statt Saunieren. Die Platzreifeprüfung am Freitag rückt näher und heute geht es schließlich zum ersten Mal richtig auf den Platz. Neun Löcher - also eine halbe Golfrunde - stehen auf dem Programm. Mein Körper zeigt erstaunlicherweise keine Verschleißerscheinungen, der gestrige Tag mit den ersten Schwüngen und Verrenkungen scheint ohne Folgen an mir vorübergegangen zu sein.
Petra, Sie wissen schon, meine Mitstreiterin aus Stuttgart, kann das nicht von sich behaupten. Für sie scheint das Abenteuer "Platzreife" bereits nach dem ersten Tag beendet. Der ausgerenkte Lendenwirbel schmerzt zu sehr. Völlig fertig mit den Nerven sitzt die Ärmste mit dem Rest der Truppe beim Frühstück und kann ihr Unglück kaum fassen. Für die anderen ist das eine Warnung: Die kleinste falsche Bewegung und schon kannst du hier die Koffer packen.
Damen und Herren bleiben unter sich
Außer Petra packt hier aber vorerst keiner. Stattdessen geht es vor der ersten Runde noch schnell in den Golf-Shop. Aus mir nach wie vor unerfindlichen Gründen hat uns Steffen, der Trainer, gestern noch empfohlen, einen seltsamen Lederhandschuh für die linke Hand zu kaufen. Und ja, ich erinnere mich: Tiger Woods und die ganzen Stars tragen alle so etwas. Schön eng soll er sein. Das sieht zwar hässlich aus, aber wat mut, dat mut. Mit der viel zitierten Golf-Etikette hat das jedenfalls nichts zu tun. Wohl aber das von unserem Anführer ausgesprochene Jeans-Verbot für den heutigen Tag. Nur gut, dass ich die dunkelblaue Spießerhose doch noch eingepackt habe. Sonst sähe ich hier alt aus.
Mit dem elektrobetriebenen Golfwagen heizen wir über das 300 Hektar große Areal, keine Menschenseele weit und breit. "Das verteilt sich", sagt Steffen und verweist auf die imponierende Größe des Resorts mit seinen drei 18-Loch-Plätzen sowie dem 9-Loch-Kurzplatz.
Golfanfänger wie wir sind am besten dort aufgehoben. Mit Bahnlängen zwischen 113 und 161 Metern bietet der Platz einen idealen Einstieg speziell für Golfneulinge. Los geht’s, unser Trainer teilt die Fünfergruppe in zwei "Flights" auf. So nennt man das in der Golfsprache. Damen und Herren bleiben heute unter sich.
Vorschriftsmäßiges Harken des Sandbunkers
Joseph, Petras Mann, legt vor. Und wie er das macht. Der Unternehmer aus Stuttgart, der - Sie erinnern sich -schon zwei Kurse hinter sich hat, haut mit Brachialgewalt auf die weiße Kugel. Ich frage mich, was der Ball ihm wohl getan hat. Auch egal, das Teil schießt mit Karacho über die Spielbahn und landet voll in der Walachei. Jetzt bin ich an der Reihe. Erstmal einen Testschwung machen. Ok, ich geb's zu, hab ich mir abgeguckt. Nicht verkrampfen, locker bleiben und unten heraus beschleunigen. Klappt auch alles wunderbar, die Kugel fliegt und fliegt und rumms, ab in den Bunker. Zu blöd!
Nun darf Pascal, Ende 20 und aus Essen, beweisen, was in ihm steckt. Stilistisch sieht das irgendwie lustig aus. Aber er trifft präzise, und das ist entscheidend. Nun ja, wir drei Herren bekleckern uns auch in der Folgezeit nicht gerade mit Ruhm: Die Bälle landen wahlweise im Bunker, im Wald oder auch mal im Teich. Das gibt dann Strafschläge satt, aber noch drückt der Trainer mehr als ein Auge zu und lässt uns gewähren. Freitag, am Tag der Platzreifeprüfung, sieht das mit Sicherheit anders aus. Dann dürfen wir höchstens 54 Schläge über dem Platzstandard (Par) eines 18-Loch-Kurses liegen. Durch die Platzreife weist man übrigens, abgesehen von den Grundkenntnissen des Golfspielens, auch die Einhaltung der wichtigsten Sicherheits- und Benimmregeln nach. Und die sollte man nicht unterschätzen. Das fängt beim vorschriftsmäßigen Harken des Sandbunkers an und hört beim Handyverbot auf.
Wettlauf mit der Zeit
Apropos Handyverbot: Gruppenteilnehmerin Kerstin, freie Journalistin, hat davon noch überhaupt nichts gehört. Oder sagen wir so: Sie hat es nur für ein paar Minuten verdrängt. Jedenfalls beobachten wir die zweifache Mutter aus Hamburg zum Ende unserer Runde, wie sie in aller Seelenruhe und mitten auf der Spielbahn einen lockeren Telefonplausch abhält. Wir finden das komisch, die ehrgeizige Truppe dahinter weniger. So bleibt dem eigentlich so smarten "Pro" Steffen nichts anderes übrig, als ihr die dunkelgelbe Verwarnungskarte zu zeigen. Als wir wenig später gemeinsam im Klubhaus sitzen, sagt Kerstin noch, dass sie nach dem Handy-Schock irgendwie besser gespielt habe. Doof, dass danach für sie nur noch ein Loch zu bewältigen war.
Insgesamt, um mal die einhellige Gruppenmeinung nach dem zweiten Golftag zusammenzufassen, war das heute von allem zu wenig. Die Konstanz fehlt noch total, mal ganz zu schweigen vom Rhythmus. Noch bleiben zwei Tage. Keine Frage: Das mit der Platzreife wird für alle eine ganz enge Geschichte! Und vielleicht ist am Ende doch die arme Petra mit ihrem verrenkten Kreuz wider Erwarten die einzige Gewinnerin.