Das Feuer in den Augen ist erloschen, der Gang schleppend: Sven Hannawald steht am Scheideweg seiner erfolgreichen Karriere. Der einstige Weitenjäger ist nur noch ein Schatten seiner selbst und bietet derzeit ein Bild des Jammers. "Ich hoffe, dass ich wieder mehr Lust am Springen finde. Ohne den inneren Ansporn geht gar nichts", erklärte der Hinterzartener und bestätigte damit indirekt den von vielen Beobachtern gewonnenen Eindruck, dass er derzeit leer und ausgebrannt ist.
"Vorzeitige Beendigung der Saison diskutieren
Während der Weltcup-Tross am Montag nach Japan weiterzog, sucht der 29-Jährige in der Heimat nach sich selbst und seiner alten Form. "Es hat einfach keinen Sinn zu versuchen, im Wettkampf zu trainieren", begründete er die zweiwöchige Wettkampf-Pause. Doch die Zeit bis zu dem für Anfang Februar beim Skifliegen in Oberstdorf avisierten Comeback erscheint zu knapp angesichts der gravierenden Probleme, die Hannawald plagen.
Bei ihm stimmt es momentan sowohl technisch als auch mental nicht. Sein Manager Werner Heinz könnte sich daher sogar einen längeren Rückzug von den Schanzen vorstellen. "Wir werden auch eine vorzeitige Beendigung der Saison diskutieren", kündigte er ein intensives Gespräch mit seinem völlig verunsicherten Schützling an.
Tiefe Ratlosigkeit
Der sucht - zumindest öffentlich - immer noch nach einer plausiblen Erklärung für seinen Einbruch. "Momentan läuft alles komplett an mir vorbei. Ich habe irgendetwas verloren, aber keine Ahnung, was es ist. Bei mir geht nichts", gestand der zweimalige Skiflug-Weltmeister ein. Das zur handfesten Krise angewachsene Formtief lässt den Grübler kaum die innere Ruhe finden, die er dringend benötigt. "Es nervt mich, dass nichts klappt, obwohl ich körperlich fit bin. In den Vorjahren bin ich oft auf dem Zahnfleisch daher gekommen, und es hat besser funktioniert", sagte Hannawald.
"Ich kenne dieses Gefühl
Die Situation ist für ihn nicht neu. "Ich habe schon öfter schwere Zeiten erlebt und kenne daher dieses Gefühl", meinte er. Schon einmal - in der Saison 2000/01 - hat der Schwarzwälder seine Ski vorzeitig in die Ecke gestellt. Damals haderte der sensible Mannschafts- Olympiasieger Monate lang mit seinen schlechten Leistungen, ehe er sich zum Ausstieg entschied. Nach einer langen Pause kehrte er so stark wie nie zuvor zurück und schrieb mit seinem Vierfach-Triumph bei der Vierschanzentournee Skisprung-Geschichte.
Vieles spricht für Abschied
Anno 2004 stehen die Vorzeichen jedoch anders. Hannawald hat in seiner Karriere fast alles gewonnen und sportlich kaum noch Ziele. Er hat Millionen verdient und seit Beginn des Jahres auch privat sein Glück gefunden. Zwar beteuerte der Hinterzartener vor seiner Abreise aus Zakopane im Gespräch mit Bundestrainer Wolfgang Steiert erneut, er wolle noch bis zu den Olympischen Winterspielen 2006 aktiv bleiben. Doch sollte sein Tiefflug anhalten, wird Hannawald neue Überlegungen anstellen. So bleibt die Frage: Pause oder Abschied?