Sven Hannawald war 2002 der erste Skispringer, der alle vier Springen der Vierschanzentournee gewann. Im gleichen Jahr holte er mit der Manschaft die Goldmedaille bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City. Doch der einstige Weltklasse-Skispringer erlebte während seiner Karriere auch heftige Abstürze. Wie viele andere Profis in dieser Sportart bewegte er sich lange an der Grenze zur Magersucht. 2004 wurde bei ihm zudem ein Burnout diagnostiziert.
In einem Interview mit der "Apotheken-Umschau" hat sich Hannawald offen über seine psychischen Probleme in jener Zeit geäußert. Ausgerechnet kurz vor dem Höhepunkt seiner Karriere traten die ersten Anzeichen der Erkrankung auf. Hannawald spricht von einem "schleichenden Prozess": "Ich fühlte mich dauernd müde. Meinem Körper habe ich Pausen gegönnt, aber in meinem Kopf ging es 24 Stunden am Tag, an sieben Tage der Woche, ums Skispringen."
Sven Hannawald: "Ich fühlte mich wie ein gehetztes Tier"
Abschalten konnte er damals nicht: "Auf der Heimfahrt von einem Wettkampf habe ich schon an den nächsten gedacht." Statt eine Auszeit zu nehmen, steigerte sich der heutige Fernsehexperte immer weiter in seinen Ehrgeiz hinein, wollte noch weiter nach vorne springen: "Ich wollte ganz vorne dabei sein. Halbe Sachen sind nicht mein Ding." Für ihn bedeutete das allerdings, dass seine Erschöpfung immer größer wurde.

2003, so berichtete Hannawald, habe er sich "ständig schlapp" gefühlt. Kein Arzt konnte ihm helfen, der Verdacht auf Pfeiffersches Drüsenfieber bestätigte sich nicht. Stattdessen bekam er von Medizinern gesagt, wie gut seine Werte als Leistungssportler seien. Den Tiefpunkt erreichte Hannawald dann ein Jahr später im Urlaub, wie er sagt: "Ich konnte die Ruhe um mich herum kaum aushalten, fühlte mich wie ein gehetztes Tier. Innerlich war ich erstarrt."
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Rückkehr in den Spitzensport nicht möglich
Zu Hause sucht er das Gespräch mit einem Psychologen und bekam von diesem "eine eindeutige Diagnose" gestellt: Hannawald litt an einem Burnout. Eine Diagnose, die für den Skispringer nach eigenen Worten einer Befreiung ähnelte: "Für mich war das eine totale Erlösung. Endlich wusste ich, was mit mir los war, und konnte etwas dagegen tun." Hannawald ging in eine Klinik, die Therapie dauert aber länger, als er sich das zunächst vorgestellt hatte. Er habe zuerst wieder Zugang zu seinen Gefühlen bekommen müssen: "Diese Seite von mir war wie ausgelöscht. Es war in meinem Leben immer ums Funktionieren, um Leistung gegangen."
An eine Rückkehr in den Spitzensport war allerdings nicht zu denken. "Sobald ich nur an Skispringen gedacht habe, wurde mein Körper unruhig. Ich konnte nicht schlafen, war schweißgebadet", berichtete Hannawald der "Apotheken-Umschau". Vier Monate nach der Entlassung aus der Klinik fing er zwar wieder mit dem Training an, habe aber erneut "dieses Gefühl von extremer Unruhe und Stress" gespürt. Diesmal nahm Hannawald die Syptome ernst – und beendete seine Karriere. Heute arbeitet der 47-Jährige bei Skisprungübertragungen als Fernsehexperte für die ARD und betreut Projekte im Gesundheitsbereich.
Quelle: "Apotheken-Umschau"