Minister in Bestform Ist Boris Pistorius der bessere Kanzler?

Olaf Scholz und Boris Pistorius
Ein Mann steht im Fokus: Muss Olaf Scholz (l.) seinen Verteidigungsminister fürchten?
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Markiger, mutiger, klarer als Kanzler Olaf Scholz: In der SPD beginnt man sich zu fragen, ob Boris Pistorius nicht der bessere Mann für den Job wäre.

Das könnte der Wendepunkt sein, der Beginn des Absturzes. Dienstag vergangener Woche, Boris Pistorius eilt vor die Kameras. Eigentlich wollte der Verteidigungsminister schon auf dem Weg nach Stockholm sein, um von den Schweden zu erfahren, wie man die Wehrpflicht wieder einführt. Stattdessen muss er eine der peinlichsten Pannen in der Geschichte seines Hauses erklären.

Die russische Propaganda hat eine 38-minütige Audioaufnahme veröffentlicht: den Mitschnitt eines Gesprächs von vier hochrangigen Bundeswehr-Militärs, in dem sie erörtern, was passieren würde, wenn Deutschland Taurus-Marschflugkörper an Kiew lieferte. Offiziere der Bundeswehr werden abgehört? Es ist eine Blamage.

Der Minister spricht von einem "individuellen Anwendungsfehler" eines Teilnehmers, kündigt eine "lückenlose Aufklärung" an. Zum Schluss sagt er auf die Frage nach Konsequenzen mit Grüßen nach Moskau: "Wenn nicht noch Schlimmeres herauskommt, werde ich niemanden meiner besten Offiziere Putins Spielen opfern."

Pistorius ist noch nicht in der Luft, da wird der Satz herumgereicht, medial, in der SPD. Putin wollte spalten. Pistorius hält den Laden zusammen. Der Chef steht zu seinen Leuten. Absturz verhindert. Ein kommunikatives Glanzstück.

Das allgemeine Lob für Pistorius dürfte auch das Kanzleramt erreicht haben. Ob man dort merkt, was es für Olaf Scholz bedeutet? Es sind Sätze wie dieser, die ihn zur Gefahr für den Kanzler machen, zu einem echten Rivalen für Olaf Scholz. Egal, ob Pistorius das will oder nicht. In der Regierung, auch in seiner Partei hält sich hartnäckig die Frage: Wäre er der bessere Kanzler?

Erschienen in stern 12/2024