Olaf Scholz und die Schurken Der Kanzler trifft immer wieder Diktatoren – hat er wirklich keine andere Wahl?

Illustration mit Olaf Scholz und verschiedenen Autokraten
Bundeskanzler Olaf Scholz ließ sich bereits mit vielen autokratischen Machthabern ablichten
© Bilder: dpa (4), ddp, imago; Illustration: stern
Ein Israel-Feind im Kanzleramt – Präsident Erdoğans Besuch in Berlin wirft die Frage auf: Warum zeigt sich Kanzler Olaf Scholz so oft mit Autokraten?

Für Olaf Scholz hält der Kalender auf dem Weg in dieses Wochenende noch einen heiklen Termin bereit: Am späten Freitagnachmittag wird auf dem Berliner Flughafen ein Jet im Wert von einer halben Milliarde Dollar landen, gesponsort vom Emirat Katar. An Bord: Recep Tayyip Erdoğan, einer dieser Herrscher, die gerade die Welt in Atem halten. Der türkische Präsident heizt seit Wochen die Stimmung in der arabischen Welt an, er kappt den Kontakt zu Israel, nennt die Hamas eine "Befreiungsbewegung", als wäre sie eine Gruppe harmloser Widerständler.

Eigentlich ein unmöglicher Gast. Wieder mal. Diktatoren, Despoten, Schurken – Olaf Scholz empfängt und besucht mit der gebotenen Höflichkeit auch Staatsoberhäupter, denen man unter normalen Umständen nicht die Hand gäbe. Es klebt zu viel Blut dran.

Der Emir von Katar war jüngst in Berlin, Scholz selbst war beim chinesischen Machthaber Xi in Peking und beim ägyptischen Präsidenten al-Sisi in Kairo. Mit beiden hat er vorige Woche telefoniert. Man sprach über Israel und den Krieg in der Ukraine. "Es wäre unverantwortlich, in dieser dramatischen Lage nicht alle Kontakte zu nutzen, die helfen können", sagt Scholz.

Xi, al-Sisi, der Emir – sie alle sind, wie Erdoğan, gute Beispiele für das Dilemma, in dem die deutsche Außenpolitik steckt, und für den permanenten Balanceakt, den sie vollführen muss. Man möchte mit solchen Leuten lieber nichts zu tun haben. Aber ohne sie geht es nicht. Zu viel steht auf dem Spiel, national wie international. Es geht um Frieden, um Wirtschaft, um Flüchtlingsbewegungen. Und ums Klima.

Der Kanzler blickt nur bedröppelt drein

Wie viel Nähe zu Diktatoren kann sich eine Demokratie leisten, ohne unglaubwürdig zu werden? Nutzen die Kontakte, oder schaden sie? Vor dieser Frage standen alle Kanzler und eine Kanzlerin. 

Erschienen in stern 47/23

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