Außenpolitik der Türkei Wie Erdoğan seine Feinde gegeneinander ausspielt – und seine Freunde

Hält seine Karten gerne verdeckt: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan
Hält seine Karten gerne verdeckt: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan
© AFP
Mal verortet der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sein Land klar im Westen – dann wiederum geißelt er Israel als Terrorstaat. Dahinter steckt weniger Irrlichterei als die Methode eines Überlebenskünstlers.

Wer Recep Tayyip Erdoğan verstehen will, muss seinen Weg kennen, den von ganz unten nach ganz oben. Vom Jungen, der Sesamkringel verkaufte, zum mächtigsten Mann der türkischen Gegenwart. 

Erdoğan stammt aus Kasimpasa, einem armen Stadtteil von Istanbul. Hier lernte er als Kind früh, sich auf der Straße zu behaupten. Sein Vater, ein Küstenschiffer, schickte ihn zum Koranunterricht und verbot ihm das Fußballspielen. Erdoğan hielt sich nicht dran, brachte es bis zum Halbprofi. 

Vom Vater, heißt es, habe Erdoğan neben der Disziplin auch seinen Hang zum Cholerischen geerbt. Der türkische Journalist Can Dündar erzählte einmal, Vater Erdoğan hätte den Sohn mit einem Seil an der Decke aufgehängt, während er ihn verprügelte. Hinterher küsste der Sohn dem Vater die Füße, um ihn zu besänftigen. Erdoğan selbst sagte über seine Kindheit: "Mein Vater war sehr autoritär. In anderen Worten: Seine Ernsthaftigkeit war sehr hilfreich für die Charakterbildung in unserer Kindheit." 

Die Welt von Kasimpasa und den Sesamkringeln hat Erdoğan schon lange hinter sich gelassen. Heute residiert er in einem Palast in Ankara mit 1000 Zimmern. Der Überlebensinstinkt aber, den er als Kind lernte, prägt ihn bis heute.