Herr Pistorius, wir wollen mit Ihnen über ein Jahr sprechen, wie man es nicht oft erlebt. Sie sind von der Landes- in die Bundespolitik aufgestiegen, hinein in eine schwere Krise, in ein besonders schwieriges Ministerium. Jetzt müssen Sie zusätzlich zum Krieg in der Ukraine auch noch auf den Krieg in Israel reagieren. Was überwiegt da: der Druck der Aufgabe oder die Faszination, dabei zu sein?
Für mich ist die Aufgabe eine Ehre. Und ich spüre die große Verantwortung.
Wann denn zum Beispiel?
Nehmen wir die Situation im Sudan, im April. Das war gefährlich. Die Sicherheitslage verschlechterte sich innerhalb von wenigen Tagen, die Gewalt eskalierte. Auf einmal war das Land im Bürgerkrieg – und Hunderte Deutsche mittendrin. Wir haben damals beschlossen, dass die Bundeswehr die deutschen Staatsbürger rausholt. Zeitgleich hatte ich eine USA-Reise geplant.
Die haben Sie dann abgesagt.
Ja, sofort. Ich wollte in Deutschland sein, wenn meine Soldatinnen und Soldaten diese schwierige militärische Operation durchführen. Die Lage auf dem Flughafen bei Khartum war unüberschaubar, und nicht weit davon entfernt gingen die Kampfhandlungen weiter. Am Ende haben wir etwa 800 Menschen aus dem Sudan geholt und in Sicherheit gebracht. Ich bin stolz auf die Truppe.
Belastet es Sie zu wissen: Meine Entscheidungen können über Leben und Tod entscheiden?
Ja, sicher. Mich beschäftigt in solchen Situationen, dass es zu einem Unfall oder Schusswechsel kommen könnte. Wichtig ist, ständig über die Lage informiert zu sein, um, wenn nötig, sofort reagieren zu können.

Sie haben viele Extremsituationen in diesem Jahr hinter sich. Schlafen Sie noch gut?
Ja. Manchmal zu wenig, aber gut.
Das Handy immer in Hörweite?
Ja, klar. Das ist immer an. Das geht gar nicht anders.
Haben Sie es jemals bereut, Bundeskanzler Olaf Scholz sofort zugesagt zu haben, als er Ihnen das Amt anbot?
Nein, keine Sekunde.