Aufstocken beim Militär Gegen den Personalmangel bei der Bundeswehr: Pistorius prüft schwedisches Wehrpflichtmodell

Verteidigungsminister Boris Pistorius zu Besuch auf einem Truppenübungsplatz (Archivbild)
Verteidigungsminister Boris Pistorius zu Besuch auf einem Truppenübungsplatz (Archivbild)
© Kay Nietfeld / DPA
Vor über zehn Jahren wurde die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt. Ein Fehler, wie Verteidigungsminister Boris Pistorius sagt. Er sucht jetzt nach Möglichkeiten, um das rückgängig zu machen.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lässt angesichts eines Personalmangels bei der Bundeswehr Modelle einer Dienstpflicht prüfen. Darunter sei das in Schweden praktizierte Modell. "Dort werden alle jungen Frauen und Männer gemustert, und nur ein ausgewählter Teil von ihnen leistet am Ende den Grundwehrdienst. Ob so etwas auch bei uns denkbar wäre, ist Teil dieser Überlegungen", sagte Pistorius der "Welt am Sonntag". Er prüfe alle Optionen. "Aber jedes Modell, egal welches, braucht auch politische Mehrheiten", sagte er.

Die Pflicht zum Wehrdienst war in Deutschland im Jahr 2011 nach 55 Jahren ausgesetzt worden. Pistorius hatte das kurz nach seinem Amtsantritt als Fehler bezeichnet, den man aber nicht im Handumdrehen korrigieren könne.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte einer Debatte über eine Rückkehr zur Wehrpflicht im Februar eine Absage erteilt. Nun sagte Pistorius: "Es hat seinerzeit Gründe gegeben, die Wehrpflicht auszusetzen. Rückblickend war es aber ein Fehler." Sie jetzt wieder einzuführen, sei strukturell, verfassungsrechtlich und politisch schwierig. Daher schaue er sich weitere Modelle an.

FDP gegen Wiedereinführung der Wehrpflicht

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: "Die Bundeswehr muss demografiefest und langfristig auch mit Blick auf die Altersstruktur ausbalanciert sein." Auf die Frage, wie das gelingen solle, sagte Pistorius: "Wir haben eine Task Force Personal eingerichtet im August. Ich habe jetzt das erste Extrakt der Arbeit gesehen, es geht um 65 sehr konkrete Vorschläge für Anwerbung, Rekrutierung, Ausbildung und Einstiegsvoraussetzungen." Mit der Umsetzung werde man Anfang des Jahres starten, sagte der Minister.

Vom Koalitionspartner FDP erhielt der Minister Widerspruch. Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Alexander Müller, warnte am Samstag, die Wiedereinführung der Wehrpflicht wäre ein "enormer Eingriff in die Freiheitsrechte, der nicht im Verhältnis zur Bedrohung Deutschlands steht". Für eine dafür notwendige Grundgesetzänderung fehle die politische Mehrheit. "Es wird nicht gelingen, die jeweils sportlichsten und fittesten jungen Menschen in die Truppe zu zwingen, und allen anderen ihre berufliche Freiheit zu lassen. Die Bundeswehr braucht motivierte und gut bezahlte Männer und Frauen, die freiwillig und aus innerer Überzeugung ihren Dienst tun", betonte Müller. Es sei nicht Aufgabe des Staates, durch "Zwangsmaßnahmen" in die Berufsfreiheit junger Menschen einzugreifen, um damit Lücken zu stopfen.

Hingegen zeigte sich Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) offen, über verschiedene Modelle zu diskutieren. Er sagte der "Rheinischen Post" (online): "Die CDU tritt für eine allgemeine Dienstpflicht ein, von der die Bundeswehr erheblich profitieren würde. Grundsätzlich sind wir auch hinsichtlich anderer Modelle und Wege gesprächsbereit." Pistorius müsse endlich konkrete Entscheidungen treffen zur Behebung der Personalprobleme. "Wer eine kriegstüchtige Bundeswehr fordert, muss auch die dafür notwendigen Weichenstellungen vornehmen", mahnte Wadephul.

DPA
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