São Paulo, Brasilien. 30 Grad im Schatten, 70 Prozent Feuchtigkeit in der Luft. Christian Lindner, dunkelblauer Anzug, eng sitzende Krawatte, nimmt vor ein paar TV-Kameras Haltung an. Er schwitzt nicht. Nicht eine Schweißperle bedeckt seine Stirn.
Was sind schon brasilianische 30 Grad gegen deutsche vier Prozent? Auf diesen Wert ist Lindners FDP in Umfragen geschrumpft. Vier Prozent – das ist kurz vor "Sonstige". Vier Prozent – das ist die Todeszone.
Für ein Treffen mit den Finanzministern der G20-Staaten ist Lindner Ende Februar um die halbe Welt gereist. In Brasilien soll es um die gerechte Verteilung von Reichtum gehen. Ausgerechnet. Wo er doch immerzu betont, dass vor dem Verteilen das Erwirtschaften kommt. Darum klingt seine Botschaft hier nicht anders als daheim: Steuern senken, Bürokratie abbauen. "Da hat jedes Land seine eigene Reformagenda."
Lindners Agenda für Deutschland heißt "Wirtschaftswende". Mit ihr will er das Land vor der Rezession retten. Und seine FDP vor dem Abgrund. Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s den Liberalen gut. Ganz einfach, theoretisch.
"See you later", beendet Lindner sein Statement, schnappt sich die Aktentasche, die er unter einer Palme geparkt hat, und zieht vergnügt von dannen. Man kriegt das bei ihm immer nur schwer zusammen. Die Lage. Und die Laune. Er wirkt stets wie einer, der sich seiner Sache sehr, sehr sicher ist. Der Mann mit dem Plan.
Dabei hat der Mann ein ganz praktisches Problem: Sind die Liberalen überhaupt noch zu retten?