Deutschland-Ticket vs. Semestertickets Liebe Politiker, warum sind Euch die Rechte Studierender anscheinend egal?

Viele Studierende sind auf Busse und Bahnen angewiesen
Viele Studierende sind auf Busse und Bahnen angewiesen
© martin-dm / Getty Images
Wieder einmal scheint die Politik an eine große Gruppe junger Menschen erst im Nachhinein gedacht zu haben. Und das nicht zum ersten Mal. Unsere Autorin findet: Das muss sich ändern!

Ab Mai geht es los: Für 49 Euro durch ganz Deutschland. Endlich weniger Tarif-Dschungel mit dem Deutschlandticket, hoffen viele. Sogar daran, dass nicht alle sich ein Ticket für 49 Euro im Monat leisten können, wurde von Seiten der Politik inzwischen gedacht. Viele Verkehrsverbünde führen vergünstigte Tickets ein. In Hamburg beispielsweise sollen Schüler:innen und Sozialhilfeempfänger:innen für 19 Euro im Monat fahren können, Auszubildende für 29 Euro monatlich.

Naja – so ganz wird der Tarif-Dschungel also doch nicht abgeschafft, aber wenigstens etwas einheitlicher wird es.  Während Schüler:innen und Auszubildende allerdings bald vielerorts zu vergünstigten Tarifen fahren, wird sich für Studierende durch diese "Tarifrevolution" erst mal nicht viel ändern. Sie müssen weiterhin bei ihren immer teurer werdenden, bestehenden Semestertickets bleiben. Wer bundesweit fahren möchte, kann sein Ticket laut aktuellen Informationen wohl "upgraden" und die Differenz zwischen dem bisherigen Semesterticketpreis und dem aktuellen Deutschlandticketpreis von 49 Euro zahlen. So hieß es nun nach dem letzten Treffen der Verkehrsminister:innen.

Tarifdschungel bleibt doch bestehen

Wer beispielsweise aktuell in Oldenburg studiert, zahlt pro Monat etwa 32 Euro für das Semesterticket. Für einen Aufpreis von rund 17 Euro monatlich kann das Semesterticket dann, laut den bisherigen Plänen, auf ein bundesweit gültiges Ticket upgegradet werden. Wie genau das funktionieren soll, scheint allerdings auch einen Monat vor Start des Tickets noch nicht ganz klar zu sein. Kein Wunder: Immerhin war von Studierenden in der Debatte lange gar keine Rede. Die Kritik daran ist groß – und nur allzu verständlich.

Ja, die Strukturen der tausend verschiedenen Semestertickets sind kompliziert und in den verschiedenen Regionen sehr unterschiedlich. In Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen beispielsweise gibt es bereits ein landesweites Semesterticket, das alle Studierenden automatisch mit dem Semesterbeitrag bezahlen. Andere Universitäten wiederum haben bisher gar kein Ticket oder nur eine freiwillige Option. Das führt auch dazu, dass einige Studierendenvertretungen am liebsten ihre Tickets erhalten möchten, während andere sich für ein bundesweit einheitliches, vergünstigtes Ticket einsetzen.

Semestertickets sind in den Bundesländern unterschiedlich geregelt

Über eins sind sich allerdings fast alle einig: Studierende wurden, wieder einmal, viel zu spät mitgedacht, und wirklich profitieren werden sie vom neuen Deutschlandticket erst mal nicht. Denn während für viele andere Mobilität ab Mai erheblich einfacher und günstiger werden wird, zahlen Studierende sogar noch drauf. Es ist nicht das erste Mal, dass Studierende vergessen werden – und dann im letzten Moment noch schnell nach einer Lösung gesucht wird, um sie doch noch notdürftig einzubeziehen.

Bei vielen Studierenden sitzt die Wut und Enttäuschung über die angekündigte "schnelle und unbürokratische" Einmalzahlung von 200 Euro – die am Ende alles war, aber nicht schnell und unbürokratisch – immer noch tief. Mehr als ein halbes Jahr hat es gedauert, bis endlich ein Plan für die Auszahlung stand, während alle anderen schon lange ihre Sonderzahlungen auf dem Konto hatten. Auch die Überbrückungshilfe für Studierende zu Beginn der Corona-Pandemie war hochbürokratisch und hat viele Studierende, die Unterstützung gebraucht hätten, nicht erreicht, während Unternehmen problemlos Gelder in Milliardenhöhe bekamen.

Studierende werden zu oft vergessen

Dass die Bafög-Erhöhungen des vergangenen Jahres längst wieder von der Inflation aufgefressen sind und das gesamte System Bafög dringend eine Generalüberholung braucht, macht die Situation nicht besser. Eins ist klar: Wer Studierende nur als Nachgedanken kurz vor Schluss der Debatte mitdenkt, hat nicht verstanden, wie stark sich ihre soziale Lage in den vergangenen Jahren zugespitzt hat. Das romantische Bild des Studiums als Zeit des Lebens, in der man zwar wenig Geld zur Verfügung hat, dafür aber umso reicher an guten Gesprächen und neuem Wissen ist, liegt schon lange irgendwo unter Existenzängsten und Leistungsdruck begraben.

Wenn selbst die Nudeln im Supermarkt immer teurer werden, ja, wie soll man sich dann noch die berühmten Nudeln mit Ketchup leisten können. Die Mahlzeit, die viele Studis in der letzten Woche des Monats einplanen müssen, weil für nichts anderes mehr Geld da ist? Ganz zu schweigen von Gemüse, den immer höheren Semesterbeiträgen oder den explodierenden Mietkosten in vielen Städten, mit denen laut Statistischem Bundesamt fast ein Viertel aller Studierenden stark überlastet ist. Höchste Zeit also, dass Studierende nicht immer erst mitgedacht werden, nachdem es Protest gibt, sondern von vornherein.

Hinweis: Die Autorin war zuvor Vorständin des freien zusammenschluss von student*innenschaften, der bundesweiten Studierendenvertretung und ist dort aktuell ehrenamtlich noch Referentin für BAföG und studentisches Wohnen.

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