Vor zwölf Monaten wurde noch über die Fusion aller privaten Großbanken spekuliert, während gleichzeitig mit der Sparkasse Stralsund erstmals ein öffentliches Geldinstitut zum Verkauf stand. Zwei ungewöhnliche Meldungen, die nicht weniger als den Anfang vom Ende der drei klassischen Säulen in der Branche bedeutet hätten. Doch auf die Spekulationen folgten keine Taten. Auch zu Übernahmen aus dem Ausland kam es nicht. Stattdessen bemühten sich die Finanzhäuser, ihre im internationalen Vergleich schwachen Erträge zu steigern, und setzten ihren Sparkurs mit schmerzhaften Einschnitten bei den Beschäftigten fort. Gleichzeitig entdeckten sie das vor wenigen Jahren noch als langweilig geltende, aber krisensichere Geschäft mit den Privatkunden neu.
Deutsche Bank wieder erfolgreich
"Als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet", resümiert das neue Commerzbank-Vorstandsmitglied Achim Kassow das Jahr 2004 mit seinen ausgebliebenen Fusionen und Übernahmen, sieht darin aber keinen Grund zur Enttäuschung. "Wenn jeder erstmal seine Hausaufgaben macht, kommen wir auch weiter." Nachdem 2003 der gesamten Branche unterm Strich rote Zahlen beschert hatte und einige Großbanken milliardenschwere Rekordverluste verbuchten, zahlten sich die vereinbarten Restrukturierungsmaßnahmen vor allem im ersten Halbjahr 2004 aus. Nach neun Monaten verzeichneten die vier privaten Großbanken zusammen genommen einen Gewinn nach Steuern von knapp 3,5 Milliarden Euro, wovon fast zwei Drittel auf das größte und erfolgreichste Mitglied des Quartetts entfielen: die Deutsche Bank.
Wer gedacht hatte, dass nach dem massiven Personalabbau der Vorjahre ein Ende der Einschnitte erreicht sei, sah sich in den vergangenen Wochen getäuscht. Die Commerzbank dampfte vor allem im Ausland ihr Investmentbanking ein (900 Stellen), die Deutsche Bank kappt in Deutschland (1920 Stellen) und demnächst auch international Kapazitäten in der Verwaltung, die Dresdner Bank hat ihren 2003 beschlossenen Abbau noch nicht ganz beendet (3500 von 4700 Stellen per Ende September), und für die HypoVereinsbank rechnen Branchenkenner damit, dass weitere 2000 bis 3000 Stellen im Deutschland-Geschäft dem Rotstift zum Opfer fallen.
Personalien sorgten für Glamour
Für ein bisschen Glamour und Entrüstung in der Branche sorgten Personalien: Die frühere Citibankerin Christina Licci heuerte nach ihrem Ausscheiden aus der größten Bank der Welt bei der Münchner HypoVereinbank an und soll dort das branchenweit wiederentdeckte Privatkundengeschäft auf Vordermann bringen. Josef Ackermann, aus der Schweiz stammender Chef der Deutschen Bank, missglückte als (später frei gesprochener) Angeklagter im Düsseldorfer Mannesmann-Prozess eine Michael-Jackson-Imitation. Sein scherzhaft gemeintes, an "Jacko" angelehntes Siegeszeichen wurde angesichts von Ackermanns Jahresgehalt in Höhe von elf Millionen Euro gemeinhin als Symbol für die Arroganz der Macht und des Geldes interpretiert.
Im neuen Jahr geht das Reformprogramm der Banken weiter - die Profitabilität ist von den international üblichen Größenordnungen noch weit entfernt. Lohnende Kaufgelegenheiten können die Zaungäste aus dem Ausland daher in den deutschen Banken nicht erkennen. "Sie warten weiterhin ab, wohin die Reise geht", meint Dieter Hein vom unabhängigen Analysehaus fairesearch. Spannung verspricht eher der öffentliche Bankensektor mit den Sparkassen und Landesbanken, der 2005 vor einem Umbruch steht: Mitte Juli fallen die Staatsgarantien für die Institute weg, und sie müssen sich gleichberechtigt im Wettbewerb mit der privaten Konkurrenz messen.