Aktien Heimlich hoch hinaus

Mit wenigen Geldanlagen konnten Kleinsparer in diesem Jahr so viel verdienen wie mit deutschen aktien. Dumm nur, dass es kaum jemand gemerkt hat. Ist es nun zu spät?

Rund 25 Prozent Rendite in einem Jahr. Ohne üble Tricks, ohne windige Vermittler. Einfach so, an der Börse in Frankfurt. Hätte man vor zwölf Monaten 10000 Euro in die 30 größten deutschen Aktienwerte - zusammengefasst im Dax-Index - gesteckt, wären daraus 12500 Euro geworden.

An der Börse brummt es - aber kaum einer hat's gemerkt. Der Aufschwung ist an den meisten Kleinanlegern ungenutzt vorbeigezogen. Zwar empfehlen Anlageberater wieder Aktien, doch viele Kunden bleiben skeptisch. Der Absturz vor fünf Jahren hat die ohnehin der Börse nicht euphorisch gegenüberstehenden Deutschen nachhaltig verschreckt.

So überwiegt die Skepsis auch jetzt, da der Dax wieder um die 5000 Punkte schwankt (Höchstkurs im Jahr 2000: 8064 Punkte). Geht es weiter aufwärts - oder ist die Chance schon wieder vertan, mit Aktien Geld zu verdienen?

Marktkenner raten zum Einstieg. "Wir bleiben optimistisch", sagt Klaus Martini, Chef-Anlagestratege bei der Deutschen Bank. "Der Markt ist nach wie vor attraktiv bewertet, obwohl der Dax schon gut gelaufen ist. Schwächephasen, wie wir sie kürzlich gesehen haben, sollten genutzt werden, um einzusteigen." Deutsche Aktien kaufen, obwohl die Wirtschaftsweisen erst vergangene Woche die Wachstumserwartungen für Deutschland deutlich zurückgenommen haben - für Experten ist das kein Widerspruch.

Wie profitiere ich vom Börsenboom?

Am besten mit einem Index-Zertifikat auf den Aktienindex Dax. Damit setzt der Anleger auf alle Aktien mit ihrer genauen Gewichtung im Dax. Daher entwickelt sich das Papier exakt so wie der Index. Der ist täglich in allen Zeitungen und Nachrichtensendungen zu sehen und so der Erfolg der Anlage besonders leicht verfolgbar. Außerdem sind Zertifikate günstiger als Aktienfonds, da weder Ausgabeaufschläge noch Managementgebühren anfallen, sondern die Orderspesen (rund zehn Euro) und die Differenz zwischen An- und Verkaufspreis (bis zu 0,3 Prozent). Empfehlenswert sind so genannte Performance-Zertifikate. Bei diesen werden auch die Dividenden gutgeschrieben; zum Beispiel beim Dax-Papier der Deutschen Bank (KennNummer DE0007093353) oder der Commerzbank (DE0007029795), für die nur Orderspesen anfallen. Nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist sind Kursgewinne steuerfrei.

Die Dax-Konzerne hängen immer weniger von der Wirtschaftsentwicklung in der Heimat ab. "Die Firmen erwirtschaften mittlerweile über zwei Drittel ihrer Umsätze im Ausland, haben sich neue, teilweise riesige Absatzmärkte erschlossen", sagt Thomas Körfgen, Aktienchef bei der Fondsgesellschaft der SEB-Bank. "Und sie profitieren von der Auslagerung kostenintensiver Produktionsbereiche in Niedriglohnländer, oftmals auch von einer deutlich günstigeren Besteuerung."

So interessieren sich die Profis auf dem Frankfurter Börsenparkett auch nur mäßig für die Koalitionsverhandlungen in Berlin. Die Risiken für Dax und Co. lauern woanders: Neuerlicher Terror, kriegerische Konflikte, weiter explodierende Rohstoffpreise sind potenzielle Kursverderber. Dazu könnte auch die US-Notenbank werden. Zumindest theoretisch: Denn sollte sie die Zinsen drastischer als bisher anheben, würde geliehenes Geld schlagartig teurer, Zinspapiere würden attraktiver - Aktien wären dann weniger gefragt.

Solche Befürchtungen

haben die Kurse in den vergangenen Tagen auf eine Achterbahnfahrt geschickt. Aber nach wie vor überwiegt vorsichtiger Optimismus. Im internationalen Vergleich gelten die deutschen Aktien als besonders begehrenswert. Ganz vorn in der Gunst rangieren Technologie-, Industrie-, Bau- und Konsumwerte. Profiteure der bisherigen innerdeutschen Sozialreformen sind die Finanz- und die Gesundheitsbranche. Deutsche-Bank-Stratege Martini könnte sich auf Sicht der kommenden zwölf Monate beim Dax-Index "ein Niveau um die 5500 Punkte vorstellen". Das wären mehr als zehn Prozent plus. Schöne Aussichten - freilich ohne Gewähr.

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Frank Donovitz