Peer Steinbrück Strenger Sanierer und provokanter Genosse

Bei den Haushaltsberatungen diese Woche im Bundestag kann Finanzminister Peer Steinbrück glänzen. Die Konjunktur ist robust, der Bundeshaushalt steht gut da, spätestens 2010 soll der Haushalt sogar ausgeglichen sein. Doch in der SPD wird er nicht nur geliebt.

Peer Steinbrück hat Erfolg als Finanzminister: Der Haushalt steht gut da, die Konjunktur brummt und auch für die nächste Zukunft sind die Aussichten rosig. Bei solchen erfreulichen Aussichten ist selbst die Opposition milde gestimmt. Doch während Steinbrück sich in seiner Rolle als konsequenter Sanierer sichtlich wohl zu fühlen scheint, fremdelt seine Partei mit dem nie um deutlich Worte verlegenen stellvertretenden Parteivorsitzenden. Jüngstes Beispiel ist das zusammen mit dem designierten Parteivize Frank-Walter Steinmeier und dem brandenburgischen Ministerpräsiden Matthias Platzeck herausgegebene Buch "Auf der Höhe der Zeit".

Schreck der Parteilinken

Vor allem die Parteilinken reagierten erbost auf die Thesen des Spitzentrios und warfen ihnen soziale Kälte vor. "Schlicht nicht mehrheitsfähig" nannte die SPD-Linke und ebenfalls designierte Parteivizechefin Andrea Nahles das Machwerk. Mit diesen Reaktionen muss Steinbrück gerechnet haben. Denn er, der eifrige Verfechter von Schröders Agenda 2010, hatte die Linken gerade öffentlich als "Heulsusen" verspottet. Statt die Erfolge der Reformpolitik zu feiern, versinke die Partei in Selbstzweifeln, hielt er ihnen vor.

Auch mit dem Finanzkurs von Steinbrück tut sich die Partei des öfteren schwer. So forderte sie mehrfach Nachbesserungen an der Unternehmensteuerreform und tritt bei jeder Gelegenheit für eine Reichensteuer ein. Und die zu Jahresbeginn durchgeboxte Erhöhung der Mehrwertsteuer trug nicht gerade zu einem Popularitätsschub für Steinbrück bei. Für einen Sturm der Entrüstung sorgte der selbstbewusste Minister im vergangenen Sommer mit seinem Vorstoß, die Bürger sollten zu Gunsten ihrer Altersvorsorge auf Urlaubsreisen verzichten. Aber, so versicherte der gebürtige Hamburger mehrfach, Umfragen scherten ihn sowieso nicht.

Partei nicht immer auf seiner Linie

So verfolgt Steinbrück zuweilen seinen Sanierungskurs ohne dabei die Partei mitzunehmen. Der 60-Jährige ist ohnehin kein Menschenfänger wie Altkanzler Schröder. Mangelnde Volkstümlichkeit wird ihm auch in der eigenen Partei vorgehalten. Dennoch gilt der diplomierte Volkswirt als hervorragender Fachmann und Rhetoriker, der mit Schlagfertigkeit und Ironie schon manchen Saal für sich gewinnen konnte. Ohne Manuskript kann er anschaulich steuerpolitische Zusammenhänge vermitteln und für seine Finanzpolitik werben.

Der Verlust der SPD-Regierungsmehrheit unter Ministerpräsident Steinbrück in Nordrhein-Westfalen hatte 2005 die vorgezogene Neuwahl zum Bundestag ausgelöst. Für ihn selbst hatte dies wider Erwarten einen Karrieresprung zur Folge: Als Bundesfinanzminister sitzt er fest im Sattel und repräsentiert in der SPD den Reformerflügel. Auf dem Parteitag Ende Oktober in Hamburg wird er sich als Parteivize erneut zu Wahl stellen und muss wohl mit einer Abstrafung durch die Linken rechnen.

Sturz als Ministerpräsident brachte Karrieresprung

Als Sohn eines Architekten geboren, trat Steinbrück 1969 in die SPD ein. Nach dem Studium der Volkswirtschaft und Sozialwissenschaft in Kiel ging er 1974 nach Bonn, der Liebe wegen. Steinbrück und seine Frau Gertrud, eine Biologielehrerin, haben zwei Töchter und einen Sohn. In seiner Freizeit spielt der für seinen teils sarkastischen Humor bekannte Minister gerne und gut Schach, zumeist gegen den Computer. Als sein Lieblingstier bezeichnete er einmal das Nashorn: "Die kommen langsam in Gang, aber wenn sie einmal in Fahrt sind, hält sie nichts mehr auf."

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Susann Kreutzmann/AP