Der Entwurf, über den das Kabinett am Dienstag abgestimmt hat, entspricht weitgehend den Eckpunkten, auf die sich eine Bund-Länder-Gruppe verständigt hatte. Die Union fordert aber Nachbesserungen. In Kraft treten soll die Reform spätestens Anfang Juli.
Künftig sollen weniger Erben Steuern auf ihr Ererbtes bezahlen müssen. Nur noch 120.000 bis 140.000 Menschen müssen die Steuer bezahlen, meint die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die den Kompromiss verabschiedet hat.
Bisher gebe es 220.000 Erbschaftsteuerfälle. Da große Erben aber stärker zur Kasse gebeten werden, soll sich am Aufkommen nichts ändern. Die Länder dürfen weiterhin mit 4 Mrd. Euro rechnen.
Um das Vererben von Unternehmen zu erleichtern, soll ein Abschmelzmodell in Kraft gesetzt werden. Danach entfällt nach zehn Jahren ein Großteil der Erbschaftsteuer, wenn die Firma in ihrem Kern unverändert fortgeführt wird.
Wer profitiert von der Reform?
Ehegatten, Kinder und Enkel sind die Gewinner der Reform: Sie profitieren vor allem von höheren Freibeträgen. Damit will die Koalition gewährleisten, dass Erben eines normalen Einfamilienhauses auch weiterhin keine Erbschaftsteuer zahlen müssen. Für Ehegatten wird der Freibetrag auf 500.000 Euro von bisher 307.000 Euro angehoben. Für Kinder steigt die Grenze auf 400.000 Euro von bisher 207.000 Euro. Enkel können bis 200.000 Euro steuerfrei erben. Hier liegt der Freibetrag bisher bei rund 51.000 Euro. Nahe Verwandte sind damit in der Regel von der mit der Reform verbundenen Höherbewertung von Immobilien und Betriebsvermögen nicht betroffen.
An den Steuertarifen wird sich nichts ändern: In der für nahe Verwandte geltende Steuerklasse I sind Sätze zwischen sieben und 30 Prozent je nach Höhe des ererbten Vermögens vorgesehen.
Wer sind die Verlierer?
Andere Verwandte wie Geschwister, Neffen und Nichten sowie nicht verwandte Erben werden durch die Reform schlechter gestellt. In den Steuerklassen II und III soll ihnen nur noch ein Freibetrag von 20.000 Euro eingeräumt werden. Bisher liegen die Freibeträge zwischen 5200 und 51.200 Euro in diesen Klassen. Der Tarifverlauf für diese Erben steht noch nicht fest. Bisher liegen die Sätze zwischen 12 und 40 Prozent für die Steuerklasse II (Geschwister und entfernte Verwandte) sowie zwischen 17 und 50 Prozent für die Steuerklasse III (nicht verwandte Erben).
Was gilt für Lebenspartnerschaften?
Die Regelung für nicht-eheliche Lebenspartnerschaften schreibt sich die SPD auf die Fahnen. Sie werden künftig beim Freibetrag wie Ehegatten behandelt. Das heißt, auch sie müssen erst Steuern zahlen bei Erbschaften über 500.000 Euro. Dann allerdings gilt für sie nicht die günstige Steuerklasse I wie für Ehepartner, sondern die höheren Sätze der Steuerklasse III für nicht verwandte Erben.
Wie werden Vermögen künftig bewertet?
Die Bewertung des Betriebsvermögens soll durch eine Rechtsverordnung des Finanzministeriums geregelt werden - und nicht durch das geplante Gesetz. Das Ministerium gibt in der Verordnung vor, wie der Wert eines Unternehmens künftig berechnet wird. Weil diese Verordnung noch fehlt, könnte sich das Gesetzgebungsverfahren verzögern.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss bei der Bewertung von Betriebsvermögen, Immobilien und landwirtschaftlichem Vermögen der Marktwert zu Grunde gelegt werden. Maßstab ist das Ertragswertverfahren. Dadurch werden Immobilien und Unternehmen künftig höher bewertet. Für vermietete Immobilien ist ein Bewertungsabschlag von zehn Prozent geplant. Auch in der Land- und Forstwirtschaft sind Ausnahmen geplant, sodass für die meisten Vermögen im Erbfall keine Erbschaftsteuer fällig wird.
Welche Regeln gelten für Firmenerben?
Unternehmensnachfolger müssen unter bestimmten Voraussetzungen nach zehn Jahren keine Erbschaftsteuer zahlen. Wird der Betrieb weitergeführt, soll die Steuer gestundet werden. Allerdings darf die Lohnsumme nicht unter 70 Prozent des Durchschnittswerts der letzten Jahre vor dem Erbfall sinken. Auch darf das Betriebsvermögen in einem Zeitraum von 15 Jahren nicht unter den Ausgangswert fallen. Wer diese Bedingungen nicht erfüllt, muss Steuern nachzahlen.
Generell gilt, dass pauschal 85 Prozent des Betriebsvermögens steuerfrei vererbt werden können. Die restlichen 15 Prozent müssen auf jeden Fall versteuert werden. Dabei ist zu beachten, dass Betriebsvermögen künftig wesentlich höher zu bewerten sind als bisher üblich.
Welche Folgen für die Unternehmen damit verbunden sind, wird die Praxis zeigen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kritisiert, dass viele Familienunternehmen nicht entlastet würden. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks sieht dagegen eine Verbesserung für viele mittelständische Betriebe. Für kleine Betriebe wird eine Freigrenze von 150.000 Euro eingeführt.
Wann gelten die neuen Regeln?
Anfang Juli 2008 soll die Reform spätestens in Kraft treten. Das Gesetzgebungsverfahren wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Für die Übergangszeit haben Erben daher die Wahl: Sie können sich bis zum In-Kraft-Treten der neuen Regeln auch nach den noch geltenden Maßstäben veranlagen lassen.