Zwei Geschwister aus USA kämpften in Deutschland um eine Entschädigung, weil ihr Großvater unter den Nationalsozialisten enteignet worden war. Dabei ging es um eine Immobilie in Dresden, für die die Enkel Wiedergutmachung verlangten. Sie hatten an sich kein Geld für den Rechtsstreit in deutschen Landen, fanden jedoch eine Lösung: Eine Anwältin aus Sachsen Frau Dr. T., ließ sich darauf ein, nur bei erfolgreichem Ausgang der Sache bezahlt zu werden. Sie sollte dann 33 1/3 Prozent von der Entschädigungssumme erhalten. Die Sache gelang, der Staat billigte den Enkeln rund 150.000 Euro zu. Davon behielt die Anwältin ihr Drittel und überwies den Rest in die USA.
Grundrecht auf freie Berufsausübung
So ein Gerichtsfall kommt zwar eher selten vor, doch in vielen vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen könnten mehr Deutsche ihre Interessen verteidigen, wenn sie ihren Rechtsanwalt nur im Erfolgsfall zu bezahlen brauchten. Gehen die Anwälte jedoch darauf ein, verstoßen sie gegen ehernes Standesrecht, das so in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) verankert ist. Bisher jedenfalls. Das bekam auch die sächsische Juristin zu spüren, die ihren Auftraggebern aus USA derart entgegenkam. Sie wurde dafür vom Anwaltsgerichtshof in Dresden zu 5000 Euro Geldbuße verurteilt. Das wollte die Anwältin nicht akzeptieren und rief in eigener Sache das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe an. Ihr Argument: Das strikte Verbot verletze ihr Grundrecht auf freie Berufsausübung.
Die Verfassungshüter gaben ihr nun Recht: Erfolgshonorare müssen zumindest ausnahmsweise möglich sein, besonders wenn sonst Mandanten wegen des Kostenrisikos nicht zu ihrem Recht kämen. Das Urteil (Aktenzeichen 1 BvR 2576/04) gab Karlsruhe letzte Woche bekannt. Der erste Senat beanstandet zwar das gesetzliche Verbot an sich nicht. Denn eine erfolgsbasierte Vergütung könne für unredliche Berufsträger einen zusätzlichen Anreiz schaffen, "den Erfolg um jeden Preis auch durch Einsatz unlauterer Mittel anzustreben". Auch schütze das Verbot die Mandanten davor, durch überhöhte Vergütungssätze übervorteilt zu werden.
Absicherung bei finanziellen Risiken
Aber das strikte Verbot ignoriert auch das Bedürfnis mancher Rechtssuchender, die finanziellen Risiken eines Rechtsstreits durch eine erfolgsbasierte Vergütung zumindest teilweise auf den vertretenden Anwalt zu verlagern. So war es auch bei den Enkeln im vorliegenden Fall. In den USA sind Erfolgshonorare längst gang und gäbe, in Deutschland dagegen seit den 20er Jahren als schwere Standesverfehlung gerichtlich gebrandmarkt. Die Vereinbarungen sind sittenwidrig und daher nichtig. Damit ist allerdings jetzt Schluss. Der Gesetzgeber muss die BRAO entsprechend ändern - auf Geheiß des Bundesverfassungsgerichts bis zum 30. Juni 2008. Der Deutsche Anwaltverein begrüßt das Urteil, sieht aber keinen generellen Bedarf für Erfolgshonorare. Diese würden nur bei Streitigkeiten um Geld Sinn machen und zwar besonders dann, wenn der strittige Betrag der einzige Vermögensbestandteil des Mandanten darstellt. "Das gilt gerade beim Streit um Renten, Erbschaften, hohe Schmerzensgelder oder Ansprüchen wegen fehlerhafter Produkte. Wer ansonsten ohne Vermögen ist, muss hier trotzdem seine Rechte verfolgen können", so DAV-Geschäftsführer Udo Henke.