Altersvorsorge Gesetzliche Rente: Wann sich freiwillige Beiträge lohnen

  • von Annika Krempel
Rentnerinnen beim Verein Seniorenglück in Sprockhövel
Rentnerinnen beim Verein Seniorenglück in Sprockhövel: Vor allem Selbstständige, Freiberufler, Hausfrauen und -männer müssen anders fürs Alter vorsorgen. (Symbolfoto)
© Sebastian Sternemann / Imago Images
Die gesetzliche Rentenversicherung ist besser als ihr Ruf. Wer bislang nicht dort einzahlt, kann sich mit freiwilligen Beiträgen eine Rente sichern. Es lohnt sich für Selbstständige sowie Hausfrauen und -männer.

Viele Menschen müssen sich um den wichtigsten Baustein ihrer Altersvorsorge kaum kümmern. Bei ihnen gehen Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung einfach vom Gehalt ab. Doch nicht jeder ist dort pflichtversichert. Insbesondere Selbstständige, Freiberufler, Hausfrauen und Hausmänner müssen anders fürs Alter vorsorgen. Eine Möglichkeit sind freiwillige Beiträge in die Rentenkasse. Damit erhalten sie nicht nur Anspruch auf eine lebenslange Rentenzahlung, sondern sichern auch Hinterbliebene mit der Witwen- und Waisenrente ab. 

In der Beratung muss Andreas Irion, stellvertretender Präsident des Bundesverbands der Rentenberater, trotzdem manchmal Überzeugungsarbeit leisten. Denn viele Menschen haben ein schlechtes Gefühl bei der gesetzlichen Rente. Dabei spricht einiges für eine freiwillige Versicherung, rechnet Irion vor: "Die gezahlten Beiträge haben Vorsorgesparer oft schon nach rund 20 Jahren wieder raus. Das ist weniger, als die Lebenserwartung nach Rentenbeginn laut Statistik beträgt." Es lohnt sich sogar noch früher, wenn man Steuervorteile und mögliche Rentenerhöhungen mit einrechnet. Die Bundesregierung erwartet in den kommenden 15 Jahren eine durchschnittliche jährliche Erhöhung um 2,6 Prozent, zeigt der aktuelle Rentenversicherungsbericht. Davon profitieren auch künftige Rentner. Denn ihre Ansprüche, die sie mit freiwilligen Beiträgen heute kaufen, werden durch die Anhebungen immer mehr wert. 

So schnell wie bei der gesetzlichen Rente kommt man mit einer privaten Rentenversicherung kaum in die Gewinnzone. Die Stiftung Warentest hat in einem früheren Vergleich vorgerechnet, dass Versicherte bei manchen Verträgen über 100 Jahre alt werden müssen, bis ihre eingezahlten Beiträge als Rente an sie ausgezahlt worden sind. Faire Alternativen für eine lebenslange Rente gibt es auch aus Sicht von Rentenberater Irion deshalb keine. Dennoch empfiehlt er nicht jedem die freiwillige Rentenversicherung. Wer etwa aufgrund gesundheitlicher Probleme eine voraussichtlich kürzere Lebenserwartung hat, sollte besser die Finger davonlassen. Die gesetzliche Rente ist eine Wette auf ein langes Leben. "Auch wer sein Geld möglicherweise bald brauchen könnte, sollte es besser anders anlegen. An die Beiträge in der Rentenkasse kommen die Einzahler nicht mehr heran", sagt Irion. Eine Auszahlung auf einen Schlag, wie es private Anbieter zum Rentenbeginn ermöglichen, gibt es bei der gesetzlichen Rente nicht. Erfahrene Anleger finden möglicherweise Alternativen mit höherer Rendite. 

Beitragshöhe lässt sich ändern

Wenn die Vorteile überwiegen, können Hausfrauen, Hausmänner und Selbstständige freiwillige Beiträge jedoch nutzen, um ihre Rentenlücke zu stopfen. Dafür müssen sie bei der Rentenversicherung einen Antrag stellen, können ihre Absicherung aber flexibel gestalten. Wie viel und wie lange sie einzahlen, entscheidet jeder für sich. Mit einem neuen Antrag lässt sich die Beitragshöhe jederzeit ändern oder die freiwillige Versicherung beenden. Einzige Bedingung bei der Beitragshöhe: Die Zahlung muss innerhalb einer vorgegebenen Spanne liegen. Der Mindestbeitrag pro Monat liegt für 2024 bei rund 100 Euro, höchstens lassen sich 1404 Euro einzahlen. In der Regel werden die Beiträge monatlich überwiesen oder per Lastschrift eingezogen. Es ist aber auch möglich, Beiträge für das gesamte Jahr nachzuzahlen. Die Frist dafür läuft immer bis Ende März des Folgejahres. "Damit bleibt man flexibler und kann zum Beispiel als Selbstständiger abwarten, wie das Jahr gelaufen ist und wie viel Geld am Ende für die Altersvorsorge übrigbleibt", so Irion. 

Zusätzlich attraktiv werden freiwillige Beiträge durch die Möglichkeit, sie von der Steuer abzusetzen. Seit dem vergangenen Jahr kann der volle Betrag beim Finanzamt angegeben werden – bis maximal 27.565 Euro. Gemeinsam veranlagte Paare können die doppelte Summe geltend machen. Je nachdem wie hoch das Einkommen und die gewählten Beiträge sind, übernimmt das Finanzamt einen großen Batzen der Altersvorsorge. Dafür fallen später auf die Auszahlung der Rente Steuern und Sozialabgaben an. Allerdings sind diese meist niedriger als während des Berufslebens. 

Beratung ist notwendig

Das vertrackte an den freiwilligen Beiträgen ist, dass sich heute noch nicht genau sagen lässt, wie viel Rente sie bringen. "Die genauen Werte werden erst später festgelegt. Insbesondere, wie viel ein gekaufter Rentenpunkt bei der Auszahlung wert sein wird", erklärt der Rentenberater. Derzeit lässt sich nur näherungsweise angeben, welche Ansprüche die freiwilligen Beiträge bringen. 2024 kostet ein Rentenpunkt nach heutigem Stand rund 8437 Euro. Ein solcher Punkt entspricht derzeit einer monatlichen Rente von 37,60 Euro. Dieser Rentenwert steigt in der Regel jedes Jahr im Juli, wenn die Rente erhöht wird. 

Bei einer Einschätzung helfen Rechner im Internet, wie der von der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine Beratung vorab ersetzen diese aber nicht. Etwa bei der Deutschen Rentenversicherung oder bei einem kostenpflichtigen Rentenberater. Sinnvoll ist auch, mit einem Steuerberater oder einem Lohnsteuerhilfeverein auszurechnen, welche Steuervorteile winken. 

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien zuerst bei "Capital".

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