Was tun, wenn man zwei Dinge unter einen Hut zu bringen hat? Im Fall der großen Koalition ist die Antwort einfach: am besten beides. So zumindest scheinen CDU und SPD bei ihren Plänen für eine Neuordnung des Niedriglohnsektors zu verfahren. Laut einem Bericht der "Berliner Zeitung" planen die Regierungsfraktionen die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Für dieses Wunschanliegen der SPD ist ein Stundenlohn von sechs Euro im Gespräch. Dafür soll auch ein Lieblingsprojekt der Union realisiert werden, das Kombilohn-Modell.
Was ist was?
In den meisten europäischen Staaten und Nordamerika gibt es schon längst einen gesetzlichen Mindestlohn. Dieser wird normalerweise von der jeweiligen Regierung festgeschrieben und gilt als "Mindest-Stundenlohn". Nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es keine solche Regelung, da in diesen Ländern traditionell großen Wert auf die Tarifautonomie gelegt wird. Die Befürworter von Mindestlöhnen sehen darin einen Mindeststandard: Der Mindestlohn sichert dem Beschäftigten ein Existenzminimum, weil der freie Markt nicht immer eine gerechte Bezahlung garantiert. Außerdem soll der Mindestlohn auch der Gleichstellung von Mann und Frau dienen, da Frauen für gleichwertige Arbeit oft schlechter bezahlt werden als Männer.
Bei einem Kombilohn werden staatliche Lohnzuschüsse eingeführt, um so gering bezahlte Arbeitsplätze attraktiver zu machen. Im Grunde handelt es sich um Lohnsubventionen durch den Staates. Grundlage der Kombilöhne ist die Beobachtung, dass besonders Arbeitnehmer mit geringer Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt nicht zum Zuge kommen. Andererseits wird kein Arbeitnehmer Jobs annehmen, die unter dem Niveau des Arbeitslosengeldes II (ALGII) liegen. Kombilöhne sollen es also Arbeitslosen ermöglichen, eine Arbeit anzunehmen, die unter Tarif bezahlt wird. Die "Differenz" zu einem akzeptablen Lohn kommt dann vom Staat. Sie sind vor allem in der englischsprachigen Welt verbreitet, besonders aber in Irland, Großbritannien und den Vereinigten Staaten.
Mehr als ALG II plus Wohngeld
Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit, Gerald Weiß, befürwortete die Kombination beider Modelle. Zwar sei es prinzipiell besser, die Festlegung eines Mindestlohns den Tarifpartnern der Branchen zu überlassen, sagte der CDU-Politiker in der "Berliner Zeitung". "Aber wo es keine Tarifstrukturen gibt oder wo die Tariflöhne zu niedrig sind, um den Beschäftigten eine menschenwürdige Existenz zu sichern, brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn," so Weiß weiter.
Einen konkreten Betrag nannte Weiß nicht. Ein Stundenlohn von etwa sechs Euro gilt vielen Fachpolitikern aber als wahrscheinlich, weil ein Vollzeit-Beschäftigter damit ein etwas höheres Einkommen erreichen würde als ihm durch das Arbeitslosengeld II und das Wohngeld zusteht. Hinzu kommt, dass Spitzengewerkschaftler in internen Gesprächen bereits ihr Einverständnis mit sechs Euro Stundenlohn signalisiert haben sollen. In der Öffentlichkeit plädieren die Gewerkschaften aber nach wie vor für einen Stundenlohn von mindestens 7,50 Euro.