EMMA HELBERGS TAGEBUCH Das Zentrum des Universums hat sich verschoben

Eine Woche ist vergangen seit dem unfassbaren Anschlag. Eine Woche voller Trauer und Leid. In New York ist eine seltsame Ruhe eingekehrt.

Dienstag, 18. September 2001 19:19 (MESZ)

Eine woche ist vergangen seit dem 11. september. eine lange woche des leidens, des wartens und der angst. immer wieder werde ich gefragt, wie es mir gehe. Und jedesmal faellt es mir schwer, darauf eine antwort zu finden. geht es mir gut? nein, gut gehen tut es mir sicher nicht. aber ich bin unverletzt und lebendig, habe weder familie noch wohnung verloren, also geht es mir verglichenermassen 'gut'. doch um das auszudruecken, was in meinem kopf vorgeht, fehlen mir die worte. mein vokabular reicht nicht aus, um jene gedanken zu beschreiben, die mich verfolgen. sicher hilft es, mit freunden zu reden. nichts anderes tun wir seit der letzten woche. wir sind alle naeher zusammengerueckt. gegenseitig versuchen wir uns ein wenig aufzuheitern oder zu troesten, vorallem nicht allein zu sein. die ganze tragik hat viele emotionen freigesetzt.

Wir sitzen staendig zusammen, diskutieren ueber die ereignisse, die moeglichen folgen und die daraus zu ziehenden konsequenzen. eine norwegische freundin von mir ueberlegt abzureisen. ein freund aus daenemark wird vorerst bleiben. was ich machen werde, weiss ich noch immer nicht. wenn es ueberhaupt etwas positives gibt, das die grausamen ereignisse der letzten woche bewirkt haben, ist es sicher das menschliche miteinander. hier in new york hat es sich wirklich unglaublich veraendert. die menschen sind aufmerksam geworden, sie verhalten sich umsichtig - fast aufopfernd. fuer einen moment vergessen sie sogar ihre sonst so stark ausgepraegte egozentrik und zum ersten mal dreht sich die welt nicht mehr einzig und allein um ihr eigenes bescheidenes wohl. das zentrum des universums hat sich verschoben. das tut gut und ist erholsam. ich hoffe, dass dies nicht nur eine kurzzeiterscheinung ist.

Mittwoch, 19. September 2001 03:33 (MESZ)

Vor ein paar stunden ist mein freund aus deutschland wieder gen heimat aufgebrochen. es war ein merkwuerdiges gefuehl zu wissen, dass er nun in kurzer zeit wieder in meiner heimatstadt sein wird. und in gewisser weise dem ganzen entflohen ist. Natuerlich weiss auch ich, dass ich genau das selbe tun kann: ein flugticket kaufen, ins naechste taxi steigen und gen hamburg fliegen. aber ganz so leicht ist es nicht. schliesslich habe ich mir hier ein leben aufgebaut. So etwas aufzugeben, ist nicht einfach. ich mache mirweiterhin viele gedanken, was momentan die beste loesung ist.

In die stadt ist eine angespannte ruhe eingekehrt. falls es so etwas gibt. ich weiss, dass es widerspruechlich ist und keinen sinn macht. aber was macht momentan schon sinn?! was ich meine, ist ein oberflaechlicher frieden, der jedoch nicht auf erleichternden neuigkeiten aufbaut, sondern aus muedigkeit und hoffnung entstanden ist. Vielleicht spielen wir uns alle eine normalitaet vor, um selber daran zu glauben. aber hoffen, dass es so ist, das tu ich auch.

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