EMMA HELBERGS TAGEBUCH Der Schock sitzt tief

Heute war ein beschissener Tag. Mir ist zum Heulen zumute. Aber letztendlich ist das für mich nur ein weiteres Zeichen, wie tief der Schock doch sitzt

Donnerstag, 20. September 2001 04:34 (MESZ)

Heute war ein beschissener tag. die ganze zeit lang ist mir zum heulen zumute. Aber letztendlich ist das fuer mich nur ein weiteres zeichen, wie tief der schock doch sitzt. die seele ist verletzt und braucht zeit um zu heilen. auch nachts schafft sie es noch nicht, ruhe zu finden. Mich verfolgen seit einer woche die wildesten traeume, so dass ich morgens meist erschoepfter aufwache als ich abends ins bett gehe. doch die zeit wird wunden heilen. manchmal bin ich erstaunt, wie gut andere die ereignisse anscheinend schon verarbeitet haben. oder aber verdraengt. der verdacht kommt auf, wenn ich sehe, mit welchem uebereifer sie sich in ihre arbeit stuerzen. heute nachmittag war ich bei dem trauergottesdienst fuer die opfer der firma cantor fitzgerald. in einer kirche auf der upper east side hatten sich ihre familien und freunde versammelt. in diesem augenblick wurde mir das menschliche ausmass der tragoedie erneut bewusst. und dieses war nur ein bruchteil der um ihre lieben trauernden.

Natuerlich trug auch das nicht dazu bei, meine stimmung zu erheitern. so beschloss ich am fruehen abend, zum yoga zu gehen. gurunam, mein afrikanischer yogameister, war gestern aus europa wiedergekommen und unterrichtete heute zum ersten mal wieder. anscheinend war ich nicht die einzige, die sich nach etwas besinnung und innerer ruhe sehnte, denn der kerzenerleuchtete raum war heute prall gefuellt. jeder noch so kleine platz wurde mit einer matte zugedeckt, so dass sich die leute fast stapelten. aber es war sehr wohltuend. die eineinhalb stunden vergingen wie im fluge, am ende bildeten wir dann einen 'light-circle'. wir setzten uns alle in einen kreis und sangen zwanzig minuten lang kraftspendende mantras. das half

Mit neuer energie machte ich mich auf meinen nachhauseweg. als ich am union square vorbeikam, blieb ich noch eine weile stehen, um mir die geschehnisse anzuschauen. dieser platz hat sich mittlerweile zu einer art hippie-enklave entwickelt. ich sehe ein schild mit der aufschrift »free hugs«, viele menschen haben sich auf den rasenflaechen, die noch nicht mit kerzen zugestellt sind, ein lager aus decken und kissengemacht und es wirkt fast so, als wuerden sie hier die nacht verbringen. die anfangs wortlose trauer hat sich hier indes in angeregte diskussionen verwandelt. Reden tut gut. andere singen, beten, troesten. es ist eine sehr friedliche athmosphaere. als ich nach hause komme, ist mir um einiges waermer ums herz.

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