"Die Forschung der letzten 20 bis 30 Jahre hat eindeutig ergeben, dass sich Krebserkrankungen trotz identischer Diagnose von Patient zu Patient erheblich unterscheiden", so Geschäftsführer und Firmengründer Prof. Dr. Hartmut Juhl von der Indivumed GmbH in Hamburg. "Allerdings steckt die Entwicklung individueller Therapiekonzepte noch in den Kinderschuhen, weil die notwendigen Daten bislang nicht systematisch erfasst wurden." Deshalb hat der Mediziner 2002 die Indivumed GmbH gegründet. Die Hauptaufgabe des Unternehmens ist der Aufbau einer völlig neuartigen Daten- und Gewebebank, in der Daten von inzwischen rund 2500 Krebspatienten gespeichert sind. Dabei achtet das Unternehmen strikt auf die Einhaltung aller ethischen Standards und der strengen deutschen Datenschutzvorschriften. Durch die Arbeit der Indivumed soll die Entwicklung individualisierter Therapieverfahren beschleunigt werden. Dazu kooperiert das Unternehmen, das im Jahr 2003 bereits Sieger des StartUp-Wettbewerbs in Hamburg war, mit anderen Forschungseinrichtungen und führt auch eigene Forschungsprojekte durch, wobei der Schwerpunkt auf der Entwicklung von Früherkennungsmarkern zum Dickdarmskrebs liegt.
Ein wichtiger Bestandteil der Daten- und Gewebebank sind Gewebeproben von Patienten, die von der Indivumed GmbH analysiert und zur Entwicklung neuer Behandlungsformen aufbereitet werden. Zusätzlich führen die Indivumed-Krankenschwestern mit jedem Patienten ein Interview, in dem die individuelle Krankengeschichte sowie Lebensgewohnheiten und ähnliches erfragt werden. "Insgesamt erfassen wir pro Patient etwa 300 Variablen", so Hartmut Juhl. Diese Daten ermöglichen es den Forschern, herauszufinden, welche Veränderungen des kranken Gewebes tatsächlich mit der eigentlichen Krebserkrankung zusammenhängen und welche auf andere Faktoren zurückzuführen sind.
Allerdings sind Gewebeproben sehr empfindlich. "Innerhalb von nur 20 Minuten nach der Entnahme haben sich etwa 20 Prozent der Moleküle in den Zellen bereits stark verändert", erläutert Hartmut Juhl. Um dies zu vermeiden, hat das Unternehmen neue und sehr strenge Standards entwickelt, wie die Proben zu behandeln sind. "Unsere speziell geschulten Schwestern sind im OP anwesend und achten darauf, dass diese Standards eingehalten werden", erläutert Hartmut Juhl. "Außerdem protokollieren sie den gesamten Verlauf der Operation und alle Besonderheiten, die einen Einfluss auf die Proben haben könnten. Auch für die nachfolgende Aufbereitung der Proben gelten strikte Vorgaben."
Wichtig für den Erfolg ist vor allem das Vertrauensverhältnis zwischen der Indivumed GmbH und den kooperierenden Hamburger Kliniken. "Ohne meinen Partner Prof. Dr. med. Carsten Zornig wäre der Aufbau von Indivumed viel schwieriger gewesen. Mit ihm als Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Israelitischen Krankenhauses in Hamburg konnten wir nicht nur eine standardisierte Proben- und Datengewinnung in einem idealen Umfeld entwickeln, sondern hatten auch einen Vertrauensvorschuss für die Zusammenarbeit mit anderen Krankenhäusern der Metropolregion", so Hartmut Juhl.
Für die Gründung der Indivumed gab Hartmut Juhl seine Professur in den USA auf und zog in seine Heimatstadt Hamburg zurück. "Wir sind ein Bindeglied zwischen der wissenschaftlichen Forschung und der täglichen Praxis in den Kliniken. Deshalb brauchten wir einen Standort, an dem auf unterschiedliche Krebserkrankungen spezialisierte Krankenhäuser mit hohen Fallzahlen vorhanden sind", erklärt der Mediziner. "Das haben wir hier in Hamburg in optimaler Form gefunden."
Mit seiner Gründung will der Unternehmer auch dazu beitragen, dass die klinische Forschung nicht vollständig in das Ausland verlagert wird. Dieser Anspruch, verbunden mit einer weltweit einzigartigen, zukunftsträchtigen Innovation, das hohe fachliche Niveau, die bemerkenswerten Erfolge beim Aufbau von Kooperationen mit führenden US-amerikanischen Krebsforschungszentren und biopharmazeutischen Firmen und die rasche Entwicklung neuer Standards für die Aufbereitung der Gewebeproben überzeugten auch die Jury vom visionären Konzept der Indivumed.
Die Nominierung für den Deutschen Gründerpreis hat den ambitionierten Mediziner allerdings ein wenig überrascht. "Ich hatte mir zwar gewisse Chancen ausgerechnet, aber nicht wirklich mit einer Nominierung gerechnet", erzählt er. "Wir haben uns alle sehr gefreut, denn das ist nicht nur eine Auszeichnung für uns, sondern auch eine Bestätigung für die kooperierenden Kliniken." In jedem Fall gibt es eine große Feier mit allen Mitarbeitern. "Der erste Platz wäre natürlich toll", so Hartmut Juhl. "Aber auch die Nominierung ist schon sehr viel wert, denn sie erleichtert uns die Anbahnung der notwendigen nationalen und internationalen Kontakte und verbessert darüber auch die Außenwirkung von Hamburg und von Deutschland generell."