Für eine Gehaltsverhandlung braucht man einen klaren Kopf und eine gute Vorbereitung. Und dann gibt es noch ein paar Spielregeln zu beachten:
1. Wer macht den ersten Schritt?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Männer direkt zum Chef gehen, Frauen dagegen warten, bis er zu ihnen kommt. Falsch. Frauen müssen sich einfach mehr trauen: Man wird nicht schlecht bezahlt, sondern frau lässt sich schlecht bezahlen. Also raus aus der Opferrolle!
2. Aber der Wirtschaft geht es doch so schlecht
Gerade in der derzeit miesen Lage haben viele Frauen Angst, ihre Firma beim Gehalt zu überfordern. Dabei übersehen sie, dass sich die Wertschätzung einer Arbeitskraft über das Gehalt ausdrückt. Ein hohes Gehalt bedeutet: Sie sind ein wichtiger Mitarbeiter. Und ein hohes Gehalt sichert den Job, denn es ist viel teurer, jemandem mit einem hohen Gehalt zu kündigen, weil sich die Höhe der Abfindung nach der Höhe des Gehalts richtet.
3. Eigenlob stinkt nicht
Eine Gehaltsverhandlung beginnt im Alltag und nicht erst im Gehaltsgespräch. Studien zeigen: Es kommt zu 90 Prozent auf die Selbstdarstellung an, nur zehn Prozent sind Leistung. Und Chefs können nicht bei jedem Mitarbeiter wissen, wo sie (oder er) gerade gepunktet hat. Deshalb sollte man ein Leistungstagebuch führen. Meetings sollte man auch dazu nutzen, den Chef und das Team über die eigene Leistung zu informieren. Auch wenn vielen Frauen das peinlich ist und sie es für überflüssig halten. Setzen Sie bei wichtigen E-Mails Ihren Chef auf den Verteiler. Wenn Sie ein Lob vom Kunden bekommen, bitten Sie ihn, das auch Ihrem Chef zu sagen. Das wirkt besonders glaubwürdig. Eigen-PR ist immer eine Gratwanderung und erfordert viel Fingerspitzengefühl - aber davon haben Frauen mehr als Männer.
4. Auf den Zeitpunkt kommt es an
Gehen Sie im Frühjahr oder Sommer zum Chef und reden Sie mit ihm über Ihr Gehalt, dann sind die Etats noch voll. Denn die meisten Kollegen gehen erst im Herbst. Noch besser ist es, wenn Sie eine besonders gute Leistung gebracht oder eine Fortbildung abgeschlossen haben. Gerade Frauen unterschätzen da häufig ihre Möglichkeiten. Faustregel: Alle eineinhalb bis zwei Jahre sollten Sie mit Ihrem Chef über Ihr Gehalt sprechen.
5. Niemals in der Kantine
Ein Gehaltsgespräch führt man nicht auf dem Flur, nicht auf der Weihnachtsfeier oder in der Kantine. Dafür macht man einen Termin. Und dann sollte der Chef auch wirklich Zeit haben. Überlegen Sie, wann Ihr Chef gut aufgelegt ist. Hat er nach dem Mittagessen eher gute Laune, oder ist er dann eher müde und schlecht aufgelegt? Solch scheinbar banale Kleinigkeiten können das Zünglein an der Waage sein.
6. Ich weiss, was ich wert bin
Machen Sie sich Notizen, das hilft, falls Sie nervös werden - und dazu brauchen Sie Ihr Leistungstagebuch. Sammeln Sie vorher gute Argumente, denn die werden Sie brauchen. Kommen Sie nicht damit, dass andere ja mehr verdienen als Sie. Oder dass das Heizöl schon wieder teurer wird. Das zieht nicht. Sie müssen mit Ihrer Leistung punkten. Für das Gespräch empfehle ich folgende Strategie: Bringen Sie nicht Ihr bestes Argument zuerst. Wenn Sie drei haben, fangen Sie mit dem zweitstärksten an, dann kommt das schlechteste, und als Trumpf zum Schluss ziehen Sie Ihr bestes Argument. Auch wenn Frauen diese Art der Taktiererei häufig nicht liegt, sie sollten nicht vergessen: Sie verhandeln in der Regel mit einem Mann. Eine Gehaltserhöhung beginnt bei fünf Prozent und kann bis zu zehn Prozent Ihres alten Gehalts betragen, darunter sollten Sie nicht gehen. Denn wenn Sie sich mit 50 Euro abspeisen lassen, können Sie frühestens nach eineinhalb Jahren wieder um die nächste Erhöhung bitten. Im Gespräch sollten Sie mehr fordern, als Sie eigentlich erwarten, damit der Chef Sie runterhandeln kann. Aber setzen Sie nicht zu hoch an. Tipp: Gehen Sie mit drei Zielen in das Gespräch. Ein Maximalziel, zum Beispiel zwölf Prozent mehr Gehalt. Das fordern Sie. Dann haben Sie eine untere Grenze, zum Beispiel fünf Prozent. Und Sie brauchen noch eine Alternative.
7. Entwickeln Sie Fantasie
Vielen Chefs fällt es schwer, mehr Geld rauszurücken. Leichter zu bekommen sind dagegen eine Fortbildung, ein Firmenhandy, Zuschüsse zur Kinderbetreuung oder das Fahrgeld. Entwickeln Sie Fantasie. Und überlegen Sie dabei auch immer: Was hat die Firma davon? Sollte Ihr Chef sich überhaupt nicht erweichen lassen, sollten Sie sich trotzdem nicht geschlagen geben, sondern fragen: "Sie stimmen mir zu, dass ich gute Leistung bringe. Was muss passieren, damit ich mehr Gehalt bekomme?" Fragen Sie ihn, wann Sie wieder mit ihm verhandeln können, und halten Sie sein Versprechen in einer Gesprächsnotiz fest.
8. Ihre Kollegen verdienen 20 Prozent mehr als sie
Reden Sie mit Ihrem Chef drüber. Aber sagen Sie nicht: "Kollege Schulze verdient mehr", sondern bleiben Sie allgemein, sagen Sie, Sie wissen, dass in der Branche üblicherweise mehr gezahlt wird.
9. Sie verhandeln um einen neuen Job
Herzlichen Glückwunsch, nun dürfen Sie deutlich mehr fordern: 15 bis 20 Prozent, denn Sie gehen ein Risiko ein und nehmen eine Probezeit auf sich.
10. Achten sie auf Ihre stimme
Frauen reden häufig in Konjunktiven. Zum Beispiel sagen sie: "Es wäre schön, wenn ich mehr Geld bekommen würde." Das ist butterweich, so führt man keine Verhandlungen. Und Frauen ziehen am Ende eines Satzes oft die Stimme hoch, wie bei einer Frage. Sie bitten aber nicht, sie fordern! Dazu muss die Stimme klar, ruhig und fest sein. Auch bei der Körpersprache sollten Sie darauf achten, selbstbewusst aufzutreten. Also Blickkontakt halten, nicht die Beine an den Stuhlbeinen verknoten und nicht mit Stiften spielen. Studieren Sie aber keinen Auftritt ein, sondern beobachten Sie sich selbst in der Situation.
Buchtipp:
Martin Wehrle, "Geheime Tricks für mehr Gehalt", Econ-Verlag, 220 Seiten, 20 Euro
Und im Internet:
www.gehaltscoach.de