Sachsen-Anhalt Kluge Köpfe sollen zurückgelockt werden

Zwei Hochschulprojekte sollen herausfinden, wie junge Ostdeutsche für die Gründung von Familien und Unternehmen in der Heimat begeistert - und bereits Abgewanderte zurückgelockt werden können.

Die junge Mutter Astrid Weinrich hat trotz ihrer zwei kleinen Söhne erfolgreich studiert. "Das ging aber nur, weil wir an der Hochschule ein Kinderzimmer haben", betont die 29- Jährige aus Magdeburg. "Studium mit Kind sollte eine Selbstverständlichkeit sein", sagt Gesellschaftsforscherin Christiane Dienel. Die Professorin startete an der Hochschule Magdeburg-Stendal zwei vom Bund geförderte Pilotprojekte. Sie sollen herausfinden, wie man junge Ostdeutsche für die Gründung von Familien und Unternehmen in der Heimat begeistern und bereits Abgewanderte zurücklocken kann.

Jeder vierte Ex-DDR-Bürger ist abgewandert

Etwa 3,5 Millionen Ostdeutsche - mehr als jeder vierte frühere DDR-Bürger - haben seit dem Mauerfall 1989 ihrer Heimat den Rücken gekehrt, um in den Westen zu ziehen. Dagegen haben sich nur etwa zwei Millionen Menschen aus dem Westen in den neuen Ländern niedergelassen. Gründe für das allmähliche "Ausbluten des Ostens", gibt es viele. Der wichtigste ist wohl das Fehlen von Arbeitsplätzen. "Doch auch das soziale Umfeld, spielt eine entscheidende Rolle", meint Dienel.

Die Wissenschaftlerin weiß um die Bedeutung der Wirtschaft und das Angebot an Arbeitsstellen. "Das hat Priorität, ganz klar." Zugleich komme es darauf an, ein lebenswertes Umfeld zu schaffen, in dem Menschen etwas aufbauen oder eine Arbeit annehmen wollen. Im Fokus der Pilotprojekte stehen deshalb die Hochschulen und Kommunen im Osten.

Hochschulen sollen lebenswertes Dasein fördern

Mehr Seminare zur Existenzgründung soll es geben, sinnvolle und gezielt eingerichtete Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder und eine gesellschaftliche Aufwertung der Familie. Ein Beispiel dafür liefert die Hochschule Magdeburg-Stendal mit ihrem Kinderzimmer. "Viele junge Eltern sind froh, dass sie ihre Kleinen hier unterbringen und bei sich haben können, wenn sie zur Vorlesung oder in die Bibliothek gehen", sagt Astrid Weinrich. Vor allem für Mütter, die stillen, sei die räumliche Nähe von unschätzbarem Wert.

Weitere Informationen

Mehr zum Projekt gibt es auf der Homepage der Hochschule Magedeburg.

Weinrich hat ihre Söhne Dave und William mit Mitte Zwanzig bekommen, einem Alter, wo andere meinen, dass Kinder und Karriere nicht so ganz einfach vereinbar sind. "Das sind sie auch nicht, deshalb müssen wir Bedingungen schaffen, damit es leichter wird", sagte Dienel. Im ersten Pilotprojekt will sie erforschen, wie Hochschulen und Kommunen ein lebenswertes Dasein unterstützen können. Modellregionen dafür sind Magdeburg und Greifswald.

Rückwanderung schmackhaft machen

Das zweite Projekt beschäftigt sich mit der Rückwanderung. "Wir wollen gemeinsam mit der Stadt Magdeburg herausfinden, ob sich eine Kontaktagentur lohnt", sagt Dienel. Diese könnte Abgewanderte mit Neuigkeiten aus ihrer Heimat versorgen, ihnen Besuche und eine Heimkehr schmackhaft machen. Dazu sind eine Befragung von Rückkehrern und eine Ausstellung mit ihren Lebenswegen geplant.

"Studenten und Absolventen, die hier im Osten ihre Liebe gefunden haben, Nachwuchs bekommen oder eine Firma gründen konnten, sind eher bereit zu bleiben", sagt Dienel. Erzwingen könne man Firmengründungen aber nicht. "Wir wollen den jungen Leuten aber sagen können, dass alles machbar und auch gar nicht so schwer ist", hebt Dienel hervor. Ihre Ergebnisse sollen in etwa einem Jahr vorliegen. Der Bund fördert die Initiativen mit 274.000 Euro aus seinem Programm "Aufbau Ost".

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Susanne Grosse/DPA

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