Unterlagen Zunahme von geschönten Bewerbungen

Auf den Schreibtischen von Personalchefs landen immer häufiger geschönte Bewerbungen. Grund: Stellensuchende wollen Lücken im Lebenslauf vertuschen.

Auf den Schreibtischen von Personalchefs landen nach Meinung eines Experten immer mehr geschönte Bewerbungen. "Die Schaumschlägerei wird leichter: Insbesondere im Internet kann sich jeder optimal präsentieren", sagte Personalberater Hans-Christian von Stosch.

Bei der renommierten Stuttgarter Personalberatungs-Gesellschaft Dr. Heimeier & Partner wählt von Stosch Kandidaten für Führungspositionen in der Industrie, im Handel oder bei Banken aus. Im vergangenen Jahr seien bereits 70 Prozent der Bewerbungen per E-Mail geschickt worden. Etwa zehn Prozent der jährlich eingehenden 10.000 Bewerbungen enthalten nach Stoschs Einschätzung falsche Angaben.

"Ich gehe sehr skeptisch an Lebensläufe heran. Ich unterstelle bei vielen Angaben zunächst, dass sie nicht stimmen", schilderte der Jurist, der seit mehr als 15 Jahren in der Personalberatung tätig ist. Vielfach würden beispielsweise freiberufliche Tätigkeiten ohne jeglichen Nachweis angeführt, um Lücken im Lebenslauf zu vertuschen.

Oft würden Hochschulabschlüsse erfunden oder anders datiert, Tätigkeiten ausgeschmückt oder Mitgliedschaften in Vereinen vorgegaukelt - so nachzulesen im so genannten "Liars Index" (Lügner- Verzeichnis), den die US-Firma Jude M. Werra & Partner seit 1995 jährlich ermittelt. Im vergangenen November lag der Index bei 11,2 Prozent: Mehr als 11 von 100 Bewerbern hätten in ihren Unterlagen gelogen.

Auch von Stosch hat solche Erfahrungen gemacht. "Mitunter wird man schlicht angelogen", sagte der Personalberater. So habe ihm ein Bewerber kürzlich eine Firmen-Visitenkarte mit dem Hinweis gegeben, "nur im Notfall" dort anzurufen. Als er in dem Unternehmen nachfragt habe, stellte sich heraus, dass der Mann bereits drei Jahre zuvor gekündigt worden war. "Besonders bei Gründen und Zeiten des Ausscheidens aus einer Firma werden wir belogen."

"Die Leute schummeln in Bewerbungsunterlagen mitunter auch aus Not", räumte von Stosch ein. "In Deutschland ist der Sprung vom Papier zum Gespräch eben doch entscheidend." In anderen Staaten werde schriftlichen Bewerbungen viel weniger Bedeutung beigemessen, etwa in Italien oder Frankreich. Auch in den USA zähle eine Auflistung persönlicher Fähigkeiten mehr als ein möglichst lückenloser Lebenslauf.

Der Stuttgarter Personalberater empfiehlt, bei einer Bewerbung schon im Anschreiben deutlich auf Schwachpunkte hinzuweisen, statt diese zu vertuschen. "Fehlangaben bei Daten und Überbewertung der eigenen Fähigkeiten sind nicht tolerabel", betonte von Stosch.

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