Nach einem Gewinneinbruch in der Pkw-Sparte Mercedes Car Group stellt der deutsch-amerikanische Automobilkonzern DaimlerChrysler seine verlustreiche Kleinstwagen-Marke "Smart" grundlegend auf den Prüfstand. Chrysler und das Nutzfahrzeug-Geschäft sorgten im dritten Quartal 2004 dennoch für einen leichten Ergebnisanstieg.
Wachsende Verluste bei Smart hätten zu der Verschlechterung der Zahlen von Mercedes-Benz maßgeblich beigetragen, erläuterte Finanzvorstand Manfred Gentz am Donnerstag angesichts eines um 62 Prozent auf 304 Millionen Euro gesunkenen operativen Gewinns der Sparte. "Jetzt müssen wir uns im Vorstand überlegen, was wir mit dem Smart-Geschäft machen und wie wir es profitabel machen können. Dabei müssen wir alle Alternativen in Betracht ziehen", sagte Gentz. Ein Sprecher stellte klar, dass eine Schließung der Tochtergesellschaft dabei nicht in Frage komme. Die Behebung von Qualitätsproblemen, verschobene Neuanläufe und Rückrufaktionen bei der Marke Mercedes hätten das Quartalsergebnis von Mercedes zusätzlich belastet, hieß es.
2004 sollte eigentlich einen Durchbruch für Smart bringen
Der Betriebsgewinn im Konzern sei in den Monaten Juli bis September um sieben Prozent auf 1,33 Milliarden Euro gestiegen, teilte DaimlerChrysler in Stuttgart mit. Befragte Analysten hatten im Schnitt mit 1,38 Milliarden Euro gerechnet. Der Konzern hielt an seinem Ziel fest, das Betriebsergebnis in diesem Jahr deutlich über die 2003 erwirtschafteten 5,1 Milliarden Euro hinaus zu steigern. Fünf (3,3) Milliarden Euro hat der fünftgrößte Autobauer der Welt nach neun Monaten schon verdient.
2004 sollte eigentlich einen Durchbruch für Smart bringen. Gentz verwies darauf, dass die Tochter nach Milliardenverlusten in den vergangenen sechs Jahren ihren Verlust 2004 deutlich reduzieren sollte. "Wir haben eine sehr gut akzeptierte Marke geschaffen, die Ergebnisse sind aber enttäuschend", sagte der Finanzvorstand. Das Marktsegment, in das der viersitzige Smart forfour eindringen sollte, sei 2004 geschrumpft. Der bisherige Smart-Chef Andreas Renschler hatte die Absatzprognose für die Marke schon im September auf 155.000 von 175.000 gesenkt. Das Erreichen der Gewinnschwelle war schon zuvor um zwei Jahre auf 2006 verschoben worden.
"Und das hört sich nicht an, als wäre es eine Eintagsfliege"
Die DaimlerChrysler-Aktie schloss am Donnerstag mit 32,85 Euro um 0,3 Prozent fester und entwickelte sich damit schwächer als andere Automobilwerte und der Deutsche Aktienindex (Dax). "Die Zahlen waren o.k., von einer mittleren Katastrophe bei Mercedes abgesehen", kommentierte Analyst Stephan Droxner von der Landesbank Baden-Württemberg. "Und das hört sich nicht an, als wäre es eine Eintagsfliege." Der neue Mercedes-Vorstand Eckhard Cordes geht nun davon aus, dass das operative Ergebnis der gewöhnlich ertragreichsten DaimlerChrysler-Sparte in diesem Jahr wesentlich unter den 3,13 Milliarden Euro liegen wird, die sie noch 2003 verdient hatte.
Gentz sagte, die Kosten für Qualitätssicherung würden den Konzern auch 2005 noch belasten. Deshalb sei der Anlauf der neuen Geländewagen-Baureihe, der M-Klasse, verschoben worden. Zwar seien alle Belastungsfaktoren bekannt gewesen, nicht aber in dem Ausmaß, sagte Analyst Droxner. Sein HVB-Kollege Georg Stürzer mutmaßte, Cordes habe womöglich bei seinem Amtsantritt alle Belastungen auf einmal verbucht, um befreiter starten zu können. Der bisherige Nutzfahrzeug-Chef hatte Mercedes Anfang Oktober von Jürgen Hubbert übernommen.
Mercedes, Smart und Maybach müssen noch vier Prozent einbringen
Mercedes, Smart und Maybach zusammen sollen 2004 etwas mehr Autos verkaufen als 2003 (1,2 Millionen). Von Oktober bis Dezember müssen sie dazu noch einen Rückstand von vier Prozent aufholen. Der Konzernumsatz soll in diesem Jahr auf 145 (2003: 136,4) Milliarden Euro steigen, im abgelaufenen Quartal lag er mit 34,9 Milliarden Euro zwei Prozent über Vorjahr. Der Gewinn nach Steuern fiel im Quartal mit 951 (minus 1.653) Millionen Euro wieder positiv aus.
Gedrückt wurde das Konzernergebnis im dritten Quartal zudem von Sonderbelastungen von 448 Millionen Euro, vor allem für eine Serie nachgeholter Rückrufe beim japanischen Lkw-Bauer Fuso, die allein 405 Millionen Euro kosteten. Ohne diesen Effekt hätte der Konzern mit Lkw und Bussen im dritten Quartal 504 Millionen Euro verdient. Chrysler hat in den ersten neun Monaten bei anhaltend hohen Rabatten in den USA und sinkenden Absatzzahlen mehr als eine Milliarde Euro verdient. "Im dritten Quartal war die Marge bei Chrysler mit 2,8 Prozent höher als die von Mercedes von 2,5 Prozent. Wann hat es das schon mal gegeben?", fragte Adam Jonas von Morgan Stanley.
Alexander Hübner, Reuters