Entschädigungen Bahn musste 2022 wegen Verspätungen Rekordsumme an Bahnfahrer zahlen

  • von Monika Dunkel
An einem Bahnhof zeigt die Anzeigetafel der Deutschen Bahn mehrere Züge mit Verspätungen an
Wer häufiger mit der Deutschen Bahn reist, ist an Verspätungen gewohnt
© Friso Gentsch / DPA
2022 kamen besonders viele Züge zu spät – daher musste die Deutsche Bahn nach "Capital"-Informationen eine Rekordsumme an Entschädigungszahlungen leisten. Nun arbeitet sie an einer neuen Kulanzregelung.

Weil sich Verspätungen häufen, hat die Deutsche Bahn im vergangenen Jahr eine Rekordsumme an Fahrgastentschädigungen auszahlen müssen. Die Erstattungen stiegen nach Informationen von "Capital" auf 92,7 Mio. Euro und lagen damit zweieinhalb mal so hoch wie im Vorjahr, als 38,2 Mio. Euro ausbezahlt wurden.

Eine Erstattung bekamen 3,4 Millionen Menschen, so viele wie noch nie – 3,8 Millionen Fälle bearbeitete die Bahn 2022 nach eigenen Angaben insgesamt. Hauptgrund für die Rekordzahlen ist das überlastete und marode Schienennetz, auf dem es immer häufiger zu Störungen und Ausfällen kommt. So lag die Pünktlichkeitsrate im Fernverkehr im vergangenen Jahr bei nur 65,2 Prozent.

Schlechter waren die Werte zuletzt im Jahr 2010, als Deutschland im Winter ein Schneechaos erlebte und viele Züge ausfielen oder deutlich verspätet ankamen. 2021 waren noch 75,2 Prozent aller Fernzüge rechtzeitig am Ziel, im ersten Corona-Jahr 2020 sogar fast 82 Prozent. Personenschäden sowie Kabeldiebstahl hingegen trügen eher selten zur Unpünktlichkeit bei, so eine Konzernsprecherin.

Deutsche Bahn plant neue Regelung für Verspätungen

Bei der Höhe der Entschädigungen orientiert sich die Bahn am EU-Recht. So erstattet sie im Personenverkehr ab 60 Minuten Verspätung ein Viertel des Ticketkaufpreises, ab zwei Stunden die Hälfte. Aus Sicht von Verbraucherschützern sollten die Entschädigungen angesichts der vielen Baustellen und der anhaltend hohen Verspätungen bereits ab 30 Minuten greifen und somit höher ausfallen.

Welche Rechte Fahrgästen bei Verspätungen in Zukunft zustehen, ist derzeit in der Diskussion. Nach einer EU-Verordnung sollen die Ansprüche von Bahnreisenden zum Teil deutlich eingeschränkt werden: Analog zum Flugverkehr entfielen dann Entschädigungsansprüche bei "außergewöhnlichen Umständen". Bei Extremwetter oder großen Naturkatastrophen müsste die Bahn künftig nicht mehr zahlen; auch wenn Personen auf den Gleisen die Weiterfahrt verhindern oder Kabel gekappt wurden, wäre sie nicht mehr in der Pflicht.

Die neuen EU-Fahrgastrechte treten im Juni in Kraft. Bahnintern wird nach "Capital"-Informationen aber bereits an einer "großzügigen Kulanzregelung" gearbeitet: Man wolle den Kunden nicht noch mehr zumuten, heißt es.