Die Puma-Story - Teil 3 Puma, Adidas und der Weltrekordkrieg

Die goldenen Sechziger - überstrahlt vom noch größeren Erfolg des Gegenspielers: Puma und Weltmarktführer Adidas bekriegen sich nach allen Mitteln der Kunst. Teil 3 der stern.de-Serie zeigt, wie die Bruderfehde der Dasslers die Olympischen Spiele in Mexico erreicht.

Alles schien prima zu laufen, als Rudolf Dassler am 29. April 1968 seinen 70. Geburtstag in Herzogenaurach feierte. In diesem Jahr stiegen die Aufträge bei den Ordermessen in Köln und Wiesbaden um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es gab noch weitere Gründe zum Feiern: Man stieß auch auf 40 Ehe- und 55 Berufsjahre des Gefeierten an sowie auf vier Jahrzehnte Puma.

Rudolf, der Geizige, ließ sich an diesem Tag nicht lumpen. Er hatte 600 Mitarbeiter aus allen fünf in- und ausländischen Betrieben eingeladen und sprach vom Balkon aus wie ein König zu ihnen, während ein Mann in schwarzem Zweireiher schützend den Regenschirm über ihn hielt.

Puma feiert ein "kleines Wirtschaftswunder" - Adidas ein größeres

Am Vormittag stand eine Gratulationscour in den Büroräumen an, bei der (sein Sohn - Red.) Armin die Begrüßungsrede hielt. Nachmittags schloss sich ein Festkommers mit den Nürnberger Symphonikern an. Vertreter der Banken, Behörden, Verbände sowie Kunden und Lieferanten schüttelten dem Jubilar die Hand.

Bürgermeister Hans Maier lobhudelte, Rudolf Dassler habe "ein kleines Wirtschaftswunder" in Herzogenaurach geschaffen. Und selbst der Betriebsratsvorsitzende fand warme Worte für die Altersversorgung, die der Chef seinen Mitarbeitern nach zehn Jahren Betriebszugehörigkeit zukommen ließ. Es war ein vergnüglicher Tag - wenn auch Armin wiederholt feststellen musste, dass sein Vater noch immer nicht über den Ruhestand nachdachte.

Die Puma-Story

Puma - das ist eine der spannendsten Unternehmensgeschichten der Nachkriegszeit. Mit stern-Autor Rolf-Herbert Peters durfte nun erstmals ein Journalist hinter die Kulissen der Kult-Marke blicken. In einer sechsteiligen Serie veröffentlicht stern.de Auszüge aus seinem Buch "Die Puma-Story", das ab 10.9.2007 im Buchhandel erhältlich ist (256 Seiten, 19,90 Euro).

Trotz aller Lobeshymnen war Adi Dassler mit seiner 400 Meter entfernten Adidas-Fabrik seinem Bruder schon ein gutes Stück entrückt, sowohl beim Umsatz als auch bei der öffentlichen Präsenz. Große Sportwettkämpfe, von Kameras in alle Welt übertragen, standen zunehmend im Zeichen der drei Streifen. Immer häufiger waren sie im Bild, wenn die Sieger mit feuchten Augen der Nationalhymne lauschten. Adi war stets bemüht, es seinem Bruder möglichst schwer zu machen, neue Sportgrößen unter Vertrag zu nehmen oder gar mit ihnen auf das Siegertreppchen zu gelangen.

Im Sommer 1968 bei den Olympischen Spielen von Mexiko stellten die Puma-Abgesandten zu ihrem Erschrecken fest, dass sämtliche Kartons mit den neuen Schuhen für die Athleten vom Zoll konfisziert worden waren. Die Behörden teilten ihnen mit, dass sie keine Einfuhrerlaubnis von der Industrie- und Handelskammer hätten und deshalb die Lieferung eingelagert worden sei.

Olympia 1968 in Mexiko - Bruderkrieg ist alles

Rudolf Dassler und seinem Sohn Armin war sofort klar, dass nur Adidas dahinterstecken könne. Bruder Adi hatte schon kurz zuvor bei einem Leichtathletikwettkampf dafür gesorgt, dass der Internationale Leichtathletikverband einen neuen, genialen Spikes-Rennschuh, den "Bürstenschuh" seines Bruders verbot. Der Amerikaner Vincent Matthew war mit dem "Bürstenschuh" einen neuen Weltrekord über 400 Meter gelaufen.

Pumas Statthalter in Südamerika versuchte, die Beamten "nach Landesart" zur Herausgabe der Pakete zu bewegen - und wurde für fünf Tage in den Knast gesteckt. Armin Dassler kaufte ihn wieder frei. Eine grandiose, wenn auch zu späte Idee kam der englischen Puma-Delegation: Man solle einfach ein großes A auf die nächste Lieferung schreiben, A wie Adidas. Tatsächlich gingen die Puma-Pakete mit dem A ungeprüft durch den Zoll - allerdings erst zum Ende der Spiele.

Black Power, powered by Puma

Puma sollte in Mexiko noch ein weiterer emotionaler Höhepunkt vergönnt sein, über den sich Rudolf Dassler allerdings nur verhalten freuen konnte: Im 200-Meter-Lauf gewann der schwarze US-Sprinter Tommie Smith die Goldmedaille mit einer neuen Weltrekordzeit von 19:83 Sekunden. Dritter wurde sein Landsmann John Carlos, ebenfalls ein Farbiger. Beide schritten in Socken zur Siegerehrung und stellten ihre Puma-Schuhe fotogen neben ihren Füßen auf.

Dann reckten sie die schwarz behandschuhte Faust in den Himmel - das Symbol der Farbigenbewegung Black Power, die sich gegen die Diskriminierung der afroamerikanischen Bevölkerung richtete. Noch während der Feier wurden sie für diesen vermeintlichen Affront vom amerikanischen Olympischen Komitee gefeuert und kurz darauf aufgefordert, das olympische Dorf zu verlassen. Die Karriere zum Superstar war damit beendet.

Der Text ist ein Auszug aus dem Buch "Die Puma-Story" von Rolf-Herbert Peters, das ab dem 5. September 2007 im Handel ist. Die sechsteilige stern.de-Serie gibt exklusive Einblicke in das Werk und 60 Jahre "Raubtier-Kapitalismus".

Lesen Sie morgen im vierten Teil: Puma verlottert zur Loser-Marke