Dramatische Lage griechischer Kliniken Keine Medikamente, keine Katheter, kein Klopapier

Die Krise hat die griechischen Kliniken erfasst. Vielerorts gibt es keinen Gips mehr, um Knochenbrüche zu schienen. Herzkranke werden nicht operiert, weil Geld fehlt. Es gibt nur eine vage Hoffnung.

Die Lage in griechischen Krankenhäusern wird wegen der Finanzkrise immer dramatischer. Es fehlt am Nötigsten: Medikamente, Gips und sogar Klopapier. Aus fast allen Kliniken kommen Hilferufe. Das griechische Gesundheitssystem bricht zusammen. "Die griechischen Politiker streiten sich im Fernsehen darüber, wie das Land regiert werden soll und wir haben hier keinen Gips", sagt ein Arzt des Krankenhauses der Ostägäisinsel Chios. Die Verwandten der Patienten müssen selbst Gips kaufen, damit die Ärzte gebrochene Arme und Beine behandeln können, berichtete die Athener Zeitung "Ta Nea".

SOS aus Athen

Der Psychologe Nikos Kaitsas arbeitet für die SOS-Kinderdörfer in Athen. Was die Krise Griechenlands vor allem bei den Ärmsten anrichtet, erlebt er Tag für Tag. Mehr dazu in seinem Blog "SOS aus Athen" auf stern.de.

Noch dramatischer ist die Lage für Herzkranke und Menschen mit Gefäßverengungen. Die größte Klinik in der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki führt seit Tagen keine kardiologischen Untersuchungen und Operationen mehr durch. Stents (Gefäßstützen) können nicht mehr implantiert werden, weil die Lieferanten ohne Barzahlung kein Material schicken, sagen mehrere Ärzte. Das Krankenhaus habe kein Geld mehr, um die Stents zu kaufen. "Hier herrscht Chaos. Mit Menschenleben kann man aber nicht spielen", klagen Ärzte.

Der Zusammenbruch des Systems betrifft das ganze Land

Die Apotheker-Verbände wandten sich in einem Brief an den Chef der EU-Task Force für Griechenland, den deutschen Finanzexperten Horst Reichenbach, und baten dringend um Hilfe. Das Land brauche mindestens 1,5 Milliarden Euro für Medikamente und medizinisches Material.

Ihre Hilferufe wurden zumindest von der Staatsanwaltschaft erhört. Sie schaltete sich am Montag ein und lässt prüfen, inwiefern der Mangel an medizinischem Material Menschenleben gefährdet.

Der Zusammenbruch des Systems betrifft nicht nur abgelegene Regionen, sondern hat mittlerweile das ganze Land erfasst. Im Krankenhaus der mittelgriechischen Stadt Larisa gibt es sogar kein Toilettenpapier mehr. In Serres an der bulgarischen Grenze fehlen Katheter. Die Verwandten der Patienten müssen sie aus den Apotheken holen. In Heraklion auf Kreta können Wunden nicht mehr gründlich gereinigt werden, weil Pharma-Alkohol und medizinische Handschuhe Mangelware sind.

Und auch bei der Verpflegung trifft der Notstand die Patienten. "Verwandte kochen zu Hause was ihnen die Ärzte sagen und bringen es hierher", sagte ein Krankenpfleger von der Insel Leros. Geld für Fisch oder Kalbfleisch gibt es nicht.

Bei einigen Patienten reicht die Rente nicht für Medikamente

Der Staat schuldet den Lieferanten medizinischen Materials rund zwei Milliarden Euro, berichtete die Athener Zeitung "Ta Nea" am Montag. Schlimm ist die Situation schwerkranker Menschen, die zu Hause behandelt werden. Apotheken geben Medikamente nur gegen Bargeld aus, denn auch sie sind oft seit Monaten von den staatlichen Krankenkassen nicht mehr bezahlt worden. Aber bei einigen Patienten reicht die Rente nicht für ihre Medikamente. Sie müssen sich bei ihren Verwandten und Nachbarn Geld für ihre Arzneimittel borgen.

"Ich habe 38 Jahre lang regelmäßig meine Beiträge an die Versicherung gezahlt und jetzt sagen sie mir, es gibt kein Geld. Es ist ein Schande", sagt Giorgos Papadopoulos, der sein Leben lang auf Frachtern als Koch gearbeitet hat.

Das Thema kocht in griechischen Medien vor der #link;http://www.stern.de/politik/ausland/neuwahl-in-griechenland-am-17-juni-1827916.html; Neuwahl am 17. Juni# hoch. Ärzte hoffen darauf, dass am Sonntag eine handlungsfähige Regierung an die Macht kommt und die drängenden Probleme gelöst werden. Ein Kommentator im Radio meinte, wenn es nach Sonntag keine Regierung gibt, dann ist der Patient Griechenland verloren.

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fro/DPA